Süße Jungs 1 Kindle neu by Unknown

Süße Jungs 1 Kindle neu by Unknown

Autor:Unknown
Die sprache: deu
Format: epub


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Tilman Janus

Alpensahne

Copyright © 2012 Tilman Janus, Berlin

Sven setzte sich in den Schatten einer großen Föhre. Er nahm seinen Rucksack ab und griff nach seiner Trinkflasche. Dass es im Frühsommer in den Bergen schon so heiß sein konnte, überraschte ihn. Sein Blick schweifte über die Alpengipfel, die durch die klare Luft ganz nah erschienen. Auf einigen lag noch Altschnee.

Der Bergpfad, dem er bisher vom Dorf im Tal aus gefolgt war, führte idyllisch zwischen blühenden Wiesen und hohen Tannen bis hinauf zur Spitzalm, einem relativ steilen Ausläufer der Benediktenwand zwischen Kochelsee und Bad Tölz. Bienen summten über die Wiese, und direkt über ihm in der Föhre krächzte eine Alpendohle. Sven sog die würzige Bergluft tief in seine Lungen.

Er war froh, dass er diesen Ausbildungsplatz ergattert hatte. Als er seinen ehemaligen Münchner Schulkameraden erzählt hatte, dass er bei einem Almbauern lernen würde, hatten sie ihn angesehen, als ob er nicht alle Tassen im Schrank hätte. Die anderen wurden Kfz-Mechaniker oder Einzelhandelskaufmann oder lernten in einem großen Industriebetrieb. Kein Junge mit sechzehn hatte Lust, auf einer einsamen Alm bei einem bärtigen, tatterigen Käsemacher zu hocken, wo es nicht mal einen Handy-Empfang gab. Aber Sven hatte Lust.

Er schulterte seinen Rucksack erneut und stieg weiter bergauf. Sven war zierlich, hübsch und blond. Er wirkte wie ein verwöhnter Stadtjunge, aber tatsächlich war er zäh und ausdauernd. Die Berge machten ihm keine Angst. Er hoffte nur, dass er mit dem Sennen gut auskommen würde. Wahrscheinlich gab es da ja auch eine Sennerin, aber es würde keine Mädchen geben, und das war auch ein Grund, warum Sven sich diesen Beruf ausgesucht hatte. Hier würde niemand von ihm erwarten, dass er sich mit einer Freundin abgäbe.

Sven liebte Männer. Eigentlich kein Problem in einer Großstadt wie München. Aber in Svens Familie hätte das durchaus ein Problem gegeben. Seine Eltern waren erzkonservativ, seine Schwester hatte einen CSU-Politiker geheiratet, und sein älterer Bruder besuchte das Priesterseminar. Man lebt eben nicht nur in einer Stadt, sondern hauptsächlich in seiner Familie, und genau dieser wollte Sven entfliehen. In den nächsten Jahren würde es ein bisschen einsam werden für ihn. Doch was man noch nicht genau kennt, vermisst man vielleicht weniger. Er hatte es noch nie wirklich erlebt, wie das ist – mit einem Mann! Seine Altersgenossen interessierten ihn nicht. Für später plante Sven eine eigene Almhütte, irgendwo im Gebirge, und dann würde er mit einem Freund dort zusammenleben. Ja, irgendwie war auch Sven etwas konservativ, denn er wollte sich aufbewahren für diesen Freund, von dem er nicht einmal wusste, ob es ihn jemals wirklich geben würde.

Der Bergpfad führte jetzt über einen kleinen Höhenrücken. Als Sven oben angekommen war, lag die Spitzalm vor ihm. Wie eine unberührte Märchenlandschaft wirkten die sonnigen Blumenhänge, die kleinen Felsinseln und die dunklen Tannen. Mitten auf dem abfallenden Hang, geschützt von ein paar uralten Föhren, lag die bescheidene Almhütte. Das Dach war mit Holzschindeln gedeckt. Der obere Teil des Hauses war aus dunklem Holz gebaut und ruhte auf einem Fundament aus Natursteinen. Ein Bergbach plätscherte dicht neben der Hütte zu Tal. Ziegen weideten an den felsigen Hängen und wirkten im Grün der Landschaft wie weiße Schneetupfer.



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