Real Life 2 (German Edition) by Rautenberg Diana

Real Life 2 (German Edition) by Rautenberg Diana

Autor:Rautenberg, Diana [Rautenberg, Diana]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-04-18T04:00:00+00:00


[Shenua]: ich dachte ihr habt euch zu anfang gut verstanden?

[Jorden]: haben wir auch

[Shenua]: warum benimmt er sich dann auf einmal wie ein arschloch?

[Jorden]: nun ja … ich hab geheiratet

[Shenua]: watt?

[Jorden]: ich hab ein halbes jahr nach ausbildungsbeginn geheiratet

[Shenua]: ja und? kannst doch in deiner freizeit machen, was du willst

[Jorden]: ihm hat’s nicht gefallen

Ab dem Moment ging der Horror erst richtig los. Frau Himmler erzählte ich die frohe Botschaft zuerst. Als Dr. Wolf gegen halb zwölf ins Büro kam, plauderte sie ohne viel Einleitung: »Johanna hat etwas Wichtiges zu erzählen.«

»So? Was kann das sein?«, fragte er – wie immer, wenn Dinge mich direkt betrafen – mit süffisantem Grinsen im Gesicht.

»Johanna will nächsten Monat heiraten!«

Man konnte förmlich sehen, wie sein Grinsen erfror. Zuerst dachte ich, er hätte einen Schlaganfall, aber schon im nächsten Augenblick war er so wütend, dass er ohne ein weiteres Wort in seinem Büro verschwand und ich nur noch durch die dünnen Wände hörte, wie er aufgebracht ein Band nach dem anderen diktierte.

Die nächsten Wochen waren alles andere als ein Zuckerschlecken. Hatte ich bis dahin gedacht, es würde mir schlecht ergehen, so hatte ich niemals geglaubt, dass sein Verhalten noch steigerungsfähig war.

Schlich sich ein Buchstabendreher oder Rechtschreibfehler in einen dreißigseitigen Schriftsatz, so wurde dieser komplett zerrissen, anstatt nur die eine fehlerlastige Seite auszutauschen, was bedeutete, ich konnte mit dem Ausdrucken in fünffacher Ausfertigung noch mal von vorn beginnen. Und weil ich aufgrund dieser Inkompetenz dem Büro einen enormen wirtschaftlichen Schaden zufügte, wurde im selben Atemzug mein Gehalt gekürzt. Von dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestsatz im ersten Lehrjahr in Höhe von 260 Euro bekam ich nur noch 160 Euro ausgezahlt. Darüber hinaus erhielt ich eine mündliche Abmahnung. Doch damit nicht genug. Als er wieder anfing, mit mir zu reden (»Glaub ja nicht, dass ich dir für ne alberne Hochzeit Urlaub gebe!«), hatte er neuerdings einiges an meiner Rechtschreibung und Grammatik auszusetzen. Deswegen war mein neues – selbstverständlich selbst bezahltes – Geschenk »Die Stilfibel«; ein Deutsch-Grammatikbuch, das ich auswendig lernen musste, da er mich fast täglich zur Überprüfung meiner Kenntnisse in sein Büro beorderte.

Obendrein arbeitete ich ihm zu langsam. Zur Fehlerfindung holte er sich seine Frau Angie zur Unterstützung, die mich einen Tag lang beobachten sollte. Ich traute mich kaum zu atmen. Schnell war klar, dass ich zu langsam tippte. Deswegen durfte ich mich an einem Zehn-Finger-Maschinenschreibkurs anmelden, den ich nach getaner Arbeit absolvieren sollte. Der Kurs kostete mich ein komplettes Monatsgehalt, sodass Toby gezwungen war schwarzarbeiten zu müssen, damit wir überhaupt unsere Miete bezahlen konnten.

»Die ist lahm wie ‘ne Schildkröte«, flüsterte Frau Dr. Wolf Herrn Dr. Wolf laut zu, damit ich es auch ja nicht überhörte. Nach umfangreicher Kontrolle und Schreibwettbewerb zwischen Angie und mir wurde kurzerhand beschlossen, dass ich mich zu einem Aufbaukurs anmelden müsse, um meine Defizite auszumerzen. Ich bekam zwanzig Prozent Rabatt.

Mittlerweile hatten wir Winter und ich kam und ging im Dunkeln.

Mein Chef bestand darauf, dass ich das Büro nicht verließ, bevor ich nicht meine Arbeit erledigt hatte. Weil ich immer wieder Überstunden schieben musste, und der letzte Zug gegen 21 Uhr fuhr, musste Toby mich mit dem Auto abholen.



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