Pfoten hoch! by Markus Bennemann Ari Plikat

Pfoten hoch! by Markus Bennemann Ari Plikat

Autor:Markus Bennemann Ari Plikat
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg
veröffentlicht: 2010-12-31T16:00:00+00:00


Ob Schläfer wirklich gut schlafen, ist so eine Frage. Im Geheimdienstjargon werden so Terroristen genannt, die scheinbar ein ganz normales Leben führen, jedoch gleichzeitig ein Attentat auf ihre Mitmenschen planen – und dass das einer friedlichen Nachtruhe förderlich ist, kann man sich eigentlich kaum vorstellen. Schläfer, würde man vermuten, schlafen eher schlecht. Wenn sie vor lauter Selbstzweifeln und Gewissensbissen überhaupt je ein Auge zumachen.

Wie gut der Fisch schläft, der am afrikanischen Malawisee „Schläfer“ genannt wird, darüber ist nichts bekannt. Der Malawisee liegt im Südosten Afrikas und ist beinah so groß wie ein kleines Meer. Hier leben extrem viele verschiedene Buntbarsche – die Evolution hat so oft herumprobiert, bis mehrere Hundert unterschiedliche Arten herausgekommen sind, jede mit ganz besonderen Eigenschaften. Der Schläfer oder Kaligono, wie er bei den Einheimischen heißt, hat seinen Namen von der Gewohnheit, sich flach auf den Boden zu legen, wenn die Fischer ihre Netze durch den See ziehen, und ihnen so zu entwischen. Doch auch bei der eigenen Jagd spielt er den Schlafenden– und zwar sehr tief Schlafenden – und täuscht auf diese Weise seine Opfer.

Der Schläfer ist etwa fünfundzwanzig Zentimeter groß und frisst gerne kleine Buntbarsche, die am Rand des Sees zwischen den Felsen rumschwimmen und Algen davon abschaben. Anders als die meisten anderen Buntbarsche in dem See ist er nicht wirklich bunt, sondern weiß mit schimmelbraunen Flecken, und wenn die kleinen Barsche den hässlichen großen Burschen sehen, nehmen sie schleunigst Reißaus. Deswegen schlägt er ihnen mit einem listigen Trick ein Schnippchen.

Der Schläfer legt sich auf den Boden, gräbt sich ein bisschen in den Sand ein und tut nicht nur so, als würde er schlafen, sondern als wäre er entschlafen, also tot, und das schon seit einer ganzen Weile. Mit seiner blassen Haut und den braunen Flecken sieht er aus wie ein langsam auf dem Seeboden vor sich hin rottender Kadaver. Die algenfressenden Kleinbarsche fressen nicht nur Algen, sondern auch Aas, und so nähern sie sich ihm bald neugierig. Hätten sie auch nur einen halbwegs anständigen Zombie- oder Vampirfilm gesehen, sie wüssten es mit Sicherheit besser.

Gerade wenn der mutigste der kleinen Barsche sich einen Happen von dem leckeren toten Fisch abknapsen will, macht es schnapp – und er wird selbst gefressen. Zombies sind halt fies und Schläfer gute Schauspieler. Im Gegensatz zu den meisten Opfern in Horrorfilmen hatte der kleine Fisch aber wenigstens einen guten Grund, dem Verderben mitten in die Arme zu laufen.

Wer jetzt glaubt, der Schläfer habe sich da eine ziemlich üble Methode ausgedacht, auf Kosten seiner Mitfische zu leben, sollte mal seine Verwandtschaft kennenlernen. Die sogenannten Schuppenfresser zum Beispiel ernähren sich davon, anderen Buntbarschen die Schuppen vom Leib zu reißen, und eine Art hat sich dafür sogar extra ein seitlich versetztes Maul wachsen lassen. Noch übler drauf sind die Kinderfresser, von denen es so viele verschiedene Arten im Malawisee gibt, dass die meisten Buntbarsche dort ihren Nachwuchs im eigenen Maul aufziehen. Doch selbst da ist er vor den findigen Kinderfressern nicht sicher: Sie rammen den Kopf der Eltern, damit diese die leckeren Jungfische ausspucken, oder saugen ihnen ihre Brut sogar mit einer Art Kuss des Todes direkt aus dem Maul.



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