Mit Blick aufs Meer - Mit Blick aufs Meer - Olive Kitteridge by Strout Elizabeth

Mit Blick aufs Meer - Mit Blick aufs Meer - Olive Kitteridge by Strout Elizabeth

Autor:Strout, Elizabeth
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: PeP eBook
veröffentlicht: 2010-04-14T04:00:00+00:00


Tulpen

Eigentlich hatte man erwartet, die Larkins würden nach dem, was geschehen war, wegziehen. Aber sie zogen nicht weg - vielleicht, weil sie nicht wussten, wohin. Die Jalousien waren Tag und Nacht heruntergelassen. Nur in der Winterdämmerung sah man Roger Larkin manchmal seine Einfahrt schaufeln. Und im Sommer, wenn das Gras schon aufgeschossen und voller Unkraut war, konnte man ihn den Rasen mähen sehen. In beiden Fällen trug er seine Mütze tief in die Stirn gezogen, und wenn jemand vorbeifuhr, schaute er nicht auf. Louise zeigte sich überhaupt nicht mehr. Angeblich war sie eine Zeitlang in einer Klinik in Boston gewesen - die Tochter wohnte dort in der Nähe, insofern schien das plausibel -, aber laut Mary Blackwell, die als Röntgenassistentin im Krankenhaus in Portland arbeitete, hatte Louise dort gelegen. Interessanterweise verübelte man es Mary, dass sie das erzählte, dabei gab es keinen Menschen in der Stadt, der sich nicht den kleinen Finger abgehackt hätte, um an irgendwelche Neuigkeiten zu kommen. Aber über Mary empörte man sich nun. Bei den heutigen Datenschutzverordnungen hätte sie das ihren Job kosten können, sagten die Leute. Erinnere mich dran, dass ich zur Schocktherapie nicht nach Portland gehe, sagten die Leute. Und als Cecil Green den Reportern, die während dieser Zeit das Haus belagerten, heißen Kaffee und Doughnuts brachte, bekam er einen Rüffel von Olive Kitteridge.

»Bist du noch zu retten?«, herrschte Olive ihn am Telefon an. »Die Aasgeier auch noch füttern - ist das die Möglichkeit!« Aber Cecil war bekanntermaßen ein bisschen »langsam«, und Henry Kitteridge sagte seiner Frau, sie solle den armen Kerl in Ruhe lassen.

Wie die Larkins sich versorgten, wusste keiner. Man nahm an, dass die Tochter in Boston dabei ihre Hand im Spiel hatte, denn etwa einmal im Monat stand in der Einfahrt ein Auto aus Massachusetts, und auch wenn man ihr nie im Lebensmittelladen begegnete, konnte es ja sein, dass sie ihren Mann mitbrachte, den in Crosby bestimmt keiner mehr erkennen würde, und vielleicht kaufte er in Mardenville ein.

Besuchten die Larkins nicht mal mehr ihren Sohn? Niemand wusste es, und nach einer Weile ließ das Gerede auch nach; manche wandten sogar den Kopf ab, wenn sie an dem großen, kompakten, blassgelb gestrichenen Haus vorbeifuhren, um nicht daran erinnert zu werden, was aus einer Familie werden konnte, die so hübsch und appetitlich gewirkt hatte wie frischgebackener Blaubeerkuchen.

Als jedoch Henry Kitteridge eines Nachts von der Polizei aus dem Bett geholt wurde, weil der Alarm in seiner Apotheke losgegangen war (ein Waschbär war eingedrungen), sah er die Larkins aus ihrer Einfahrt biegen, Roger am Steuer und Louise - er konnte nur annehmen, dass es Louise war, denn die Frau trug ein Kopftuch und eine dunkle Brille - reglos auf dem Beifahrersitz. Es war zwei Uhr früh, und nun wusste Henry, dass das Paar im Schutz der Nacht kam und ging, dass sie vermutlich, höchstwahrscheinlich, nach Connecticut fuhren, um ihren Sohn zu besuchen - aber sie taten es heimlich, und er dachte, vielleicht blieb das nun ihr Leben lang so. Er erzählte es Olive, und sie sagte leise: »Auweia.



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