Luepkes, Sandra by Fischer wie tief ist das Wasser

Luepkes, Sandra by Fischer wie tief ist das Wasser

Autor:Fischer wie tief ist das Wasser
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Der Schein des Feuers flackerte warm auf unseren Gesichtern. Die Kinder saßen etwas abseits auf den aufgebauten Bierzeltbänken und aßen mit großem Appetit. Ihnen waren die Flammen zu warm geworden, immerhin strahlte die orange Abendsonne zusätzlich auf uns hinab und wir waren beinahe genauso gar wie unsere Kartoffeln.

Nur wir Erwachsenen saßen immer noch im Kreis und die anderen unterhielten sich, ich weiß nicht, worüber, ich hörte nicht hin. Ich schaute nur hin und wieder zu Sjard hinüber, wie er lachte, das Bier aus der Flasche trank und die rußigen Hände an der hellen Hose abwischte.

Mir kam das Telefonat mit Ben in den Sinn. Ich hatte ihm von meinem Fund im Archivkeller erzählt und von Dr. Schewes panischer Reaktion auf meine vermeintlichen Gerüchte. Er hatte nicht viel dazu gesagt, nur hin und wieder gebrummt, bis ich den Namen «inPharm AG» ausgesprochen hatte.

«Bist du sicher? ‹inPharm AG›?», hatte er nachgehakt.

«Ja», hatte ich versichert und auch gleich den Namen von Professor Birger Isken ins Spiel gebracht. «Weißt du etwas über diese Firma?»

«Und ob», hatte er geantwortet. «Sie haben vor einigen Jahren ein Medikament auf den Markt gebracht, mit dem konzentrationsschwache Kinder ruhig gestellt werden konnten. Damit es mit dem Lernen besser klappt. Das Präparat wirkt auf das Nervenzentrum der Kinder und funktioniert ähnlich wie Kokain.»

«Dieses Produkt war sicher ein Flop! Wer gibt so etwas seinem eigenen Kind?», hatte ich ergänzen wollen.

«Ein Flop für ‹inPharm›, ja, aber nur, weil ein amerikanischer Pharmakonzern ihnen einige Monate zuvorgekommen war. Sie brachten ein anderes Medikament auf den Markt und haben durch ihren zeitlichen Vorsprung natürlich die Forschungen von ‹inPharm› nutzlos gemacht. Das Medikament ist ein Renner, du hast doch sicher schon in der Zeitung darüber gelesen. Die Eltern laufen den Kinderärzten die Türen ein, um das Mittel verschrieben zu bekommen.»

Ich hatte nicht glauben können, dass es so viele Eltern gab, die ihr Kind derart manipulierten, dass sie von Zappelphilippen zu Musterknaben oder Mustermädchen mutierten. Doch ich wusste, dass Ben mir keine Märchen auftischte, und wenn «inPharm» auf solchen Ebenen experimentierte, dann würde das Ganze hier mehr als nur ein Spiel sein, so wie ich es vorhin noch gedacht hatte. Es war gnadenloser Ernst, bei dem viel Geld auf dem Spiel stand.

Heute war Freitag. Ein Freitagabend im Sommer inmitten von gut gelaunten Menschen in einem wunderbaren Garten. Ich hatte ein Glas kühlen Weißwein in der Hand und wünschte wirklich, ich müsste nicht all diesen Gedanken nachhängen: Liekedeler spielte falsch, manipulierte die ärztlichen Gutachten ihrer Schützlinge, hatte Kontakte zu einflussreichen Wissenschaftlern, die sich mit Gehirnforschung beschäftigten. Doch so sah es aus. Daran gab es keinen Zweifel. Und wenn ich noch so sehr wollte, es ließ sich nicht beschönigen, dass in dieser kleinen, heilen Welt rund um das Kartoffelfeuer etwas ganz und gar nicht stimmte.

Silvia Mühring konnte wunderbar Gitarre spielen. Schon als sie die ersten Akkorde zupfte, summten einige mit.

Sjard holte gerade eine neue Flasche Bier und steuerte direkt auf mich zu. Ich rückte auf der schmalen Klappbank ein wenig zur Seite, um ihm Platz zu machen, doch dann zupfte Veronika Schewe an seinem Hemd und zog ihn zu sich hinüber.



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