Lou und ihr Männerballett by Nat Luurtsema

Lou und ihr Männerballett by Nat Luurtsema

Autor:Nat, Luurtsema [Nat, Luurtsema]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: d-cbt HC
veröffentlicht: 2016-07-11T07:57:26+00:00


19

Weezy, ich hab hier so viel zu tun. Der totale Wahnsinn. Ich hab das Gefühl, dass ich kaum Zeit habe zu denken. Ich schwimme nur, ich schwimme und schwimme und ich bin immer nervös! Mum nervt und Kohlenhydrate habe ich schon seit Tagen nicht mal von Weitem gesehen. Sie fehlen mir und du auch. Vermisst du mich?

Xoxo – H

Ich will Han gleich antworten, aber der Truck federt so stark, dass mir sowieso schon schlecht ist. Dann schreibe ich ihr die gute Nachricht eben, wenn wir das Casting hinter uns haben. Schließlich hält der riesige Truck vor einem wuchtigen modernen Gebäude. Es besteht fast nur aus Fenstern. Muss ein Albtraum sein, die zu putzen, stöhne ich vor mich hin und klinge dabei wie Dad.

Hunderte von Menschen stehen Schutz suchend unter Regenschirmen in einer Schlange, während wir in dem monströsen Truck vorfahren wie die großen Bosse. Ich kam mir noch nie so cool vor. Da ich direkt am Fenster sitze, kurble ich es hinunter und lehne mich superlässig hinaus, als würde der Truck mir gehören. Hmmmmm, ja, ein Linkslenker, und ja, ich sehe jung aus.

Rauchen hat mich eigentlich noch nie angemacht, aber jetzt würde ich gerne mit einer gelangweilten Geste, so nach dem Motto Hey, ist doch bloß wieder so ein TV-Gig, einen Zigarettenstummel aus dem Fenster werfen.

Pete Senior öffnet sein Fenster, wirft seine feuchten Zigarettenstummel mit einer gelangweilten Geste hinaus … und spuckt aus.

Das erinnert weniger an einen TV-Star, dafür umso mehr an die Typen, die vor dem Wettbüro im Fußballstadion rumhängen.

Ich schaue zu den Plakaten für die bevorstehenden Gigs hinauf. Im Gegensatz zu Lav und ihren Freundinnen war ich noch nie hier (oder sonst wo, um ehrlich zu sein).

»Oh, ich war schon mal hier«, erzählt Roman. »Vor vielen Jahren bei einer Fußballsticker-Tauschbörse. Wir mussten drei Stunden lang draußen im Regen anstehen.«

»Das ist ja irre!«

»Ach was, nach vierzig Minuten hatten wir all unsere Tauschgeschäfte in der Schlange erledigt, und als die Türen aufgingen, waren wir längst weg.«

»Also gut«, keucht Petes Dad, »dann parken wir mal.« Er zieht die Handbremse an und schwingt sich aus der Kabine. Echt? Hier?

Wir klettern hinunter und stellen uns zu Petes Dad. Es sieht aus, als hätten wir einfach mitten auf einem Platz geparkt, na ja, eben dort, wo die Leute normalerweise Sandwiches essen, mit Freunden Kaffee trinken und keine Trucks parken.

»Ihr stellt euch in die Schlange«, sagt Petes Dad und kämpft mit den hinteren Ladeklappen. »Ich lade ab.«

»Sollen wir helfen?«, fragt Roman.

»Schwere Arbeit, Jungs«, schnaubt Pete Senior.

»Du brauchst ihm keine Hilfe anbieten«, erklärt Pete und geht schon mal los. »Wenn mein Dad mich anschaut, sieht er nur einen kleinen siebenjährigen Jungen in einem Tutu.«

Pete hat als Kind Ballett getanzt? Roman kichert. Diese Bemerkung war bestimmt nicht für meine Ohren gedacht. Deshalb lasse ich mich ein bisschen zurückfallen. Er soll nicht merken, dass ich es gehört habe. Roman macht sich über ihn lustig.

»Halt die Klappe, Ro. Hast du noch nie von Billy Elliot gehört?«

Ich würde gern mitmachen, aber ich habe das Gefühl, immer noch nicht richtig zu ihnen zu gehören, deshalb riskiere ich es nicht.



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