Land der Freiheit by Simons Paullina & Paullina

Land der Freiheit by Simons Paullina & Paullina

Autor:Simons, Paullina & Paullina
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2015-01-20T16:00:00+00:00


Zwölftes Kapitel – Tulpen

1

Ende Juni machte Harry seinen Abschluss in Harvard. Herman gab ihm zu Ehren eine opulente Party, bei der sich gut gekleidete und wohlerzogene Menschen mit edlen Gläsern zuprosteten und sich gegenseitig zu den schönen Ergebnissen einer teuren Ausbildung gratulierten, während Harry – wie immer ein wenig unrasiert, aber sehr elegant in einem hellgrauen Gehrock, dessen breite Revers mit schwarzer Seide besetzt waren, einem gestärkten weißen Hemd, einer weißen Weste und glänzenden schwarzen Lackschuhen – auf dem Rasen von einer Gruppe zur nächsten schlenderte, Hände schüttelte und Fragen über seine Zukunft geschickt aus dem Weg ging. Es war für die Jahreszeit ungewöhnlich mild an diesem Samstag, und so hatte man die Tische im Garten der Barringtons unter dem weißen Pavillonzelt aufgebaut.

Herman beschwerte sich bei Louis, dass sie ein größeres Zelt hätten mieten sollen. Zuerst stellte Louis sich taub. »Wir haben nicht gewusst, dass so viele Gäste kommen würden, Sir«, erklärte er schließlich.

»Ah, haben Sie mich also doch verstanden, Louis«, sagte Herman. »Und warum sind dann so viele hier? Haben wir sie etwa nicht eingeladen?«

»Nicht alle. Harry besitzt zahlreiche Freunde, und die haben alle ihre Angehörigen mitgebracht.«

»Harry sollte Ihnen doch schon vor drei Wochen eine Gästeliste geben.«

»Ja, Sir.«

»Und er hat Ihnen keine Gästeliste gegeben?«

»Nein, Sir.«

Herman seufzte und ließ den Blick über die unbekannten lachenden Gesichter wandern. »Tja, was soll ich da tun? Unseren Jungen an seinem Examenstag anbrüllen?«

»Das wäre unpassend und wenig taktvoll«, sagte Louis.

Herman nahm einen Drink von seinem Tablett. »Ganz recht, Jones, ganz recht. Heute keinen Ärger. Heute wird gefeiert.«

»Das halte ich für eine weise Entscheidung.«

Zu den Klängen eines echten Streichquartetts, das barocke Fugen und Partiten spielte, drängten sich hundertfünfzig geladene gemeinsam mit den hundert ungeladenen Gästen um die weißgedeckten Tische, die unter das Zeltdach gequetscht worden waren, und aßen kalten Hummersalat und gegrillten Dorsch, der am Morgen erst gefangen worden war. Herman beobachtete Ben und Harry, die ein wenig abseits fröhlich miteinander plauderten. Harry hing ausgestreckt auf einem Stuhl und sah zu Ben hoch, der erregt gestikulierend vor ihm stand. Harry trank und grinste. Herman schnappte ein paar Brocken des höchst singulären Themas ihrer Unterhaltung auf. Ellen gesellte sich mit einem Glas in der Hand zu ihm, und gemeinsam betrachteten sie ein paar Minuten lang ihre Söhne.

»Das haben wir gut gemacht, Ellen, was meinen Sie?«, sagte Herman. »Im Großen und Ganzen.«

Sie zuckte mit den Achseln, aber der Stolz stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. »Ihr Harry ist ein wunderbarer Junge. Er glaubt an die richtigen Dinge.«

»Ihr Ben ist ein wunderbarer Junge«, sagte Herman. »Er tut die richtigen Dinge.«

»Haben Sie nicht auch manchmal das Gefühl, Herman«, sagte Ellen, »dass Gott mit seinem verderbten Hang zur Ironie unsere Kinder vertauscht haben könnte?«

Herman legte den Arm um die sehr viel kleinere Ellen. »Ich denke, er gab uns genau die Kinder, die wir verdient haben.«

Alice, die an Harrys Seite saß, versuchte, Ben mit Hänseleien zum Schweigen zu bringen. Ohne Erfolg. Ben, der ebenfalls seinen Abschluss abgelegt hatte, wenn auch ohne das ganze extravagante Tamtam, fuhr unbeirrt fort, die Gelangweilten und



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