Kristin Lavranstochter 2 by Sigrid Undset

Kristin Lavranstochter 2 by Sigrid Undset

Autor:Sigrid Undset [Undset, Sigrid]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-01-24T23:00:00+00:00


„Du kommst nie wieder von hier weg, meine Kristin.“

Die Frau lächelte nur und antwortete nicht. Erlend rückte ein wenig weg, wie er so auf dem Magen lag. Unter den Büschen wuchs in dem feuchten Schatten eine Schar kleiner weißer Sternblumen. Ihre Blätter waren blau geädert, wie die Brust einer Frau, mitten in jeder Blüte saß ein kleiner braunblauer Knopf. Erlend pflückte jede einzelne Blume.

„Du bist doch so klug in solchen Dingen, Kristin, du weißt sicher einen Namen für diese Blumen hier?“

„Das ist Friggjagras - nein, Erlend..." Sie wurde rot und wehrte seine Hand ab, als er ihr die Blüten in den Busen schieben wollte.

Erlend lachte und biß ganz leicht in jedes der weißen Blütenblätter. Dann legte er alle Blumen in ihre offene Hand und bog ihre Finger darum.

„Weißt du noch, als wir miteinander im Garten des Hofvinsspitals gingen - gabst du mir eine Rose?“

Kristin schüttelte langsam den Kopf und lächelte ein wenig. „Nein. Du nahmst mir eine Rose aus der Hand.“

„Und du ließest sie mich nehmen. Und so ließest du mich dich selber nehmen, Kristin - so sanft und fromm wie eine Rose; später stachst du mich bisweilen bis aufs Blut, meine Süße.“ Er warf sich nach vorn in ihren Schoß und schlang seine Arme um ihre Mitte. „Heute nacht, Kristin - da half es dir nichts - da kamst du nicht so billig davon - da durftest du nicht nur sanft dasitzen und warten ..."

Kristin beugte das Gesicht herab und barg es an seiner Schulter.

Am vierten Tag hatten sie ihre Zuflucht im Birkenwald zwischen den Hügeln oberhalb des Hofes gesucht. Denn an diesem Tag brachte der Pächter sein Heu ein. Und ohne daß sie darüber gesprochen hatten, waren Kristin und Erlend darin einig: niemand brauchte zu wissen, daß sie bei ihm war. Erlend ging ein paarmal zu den Häusern hinunter, um Essen und Trinken zu holen, sie aber blieb oben im Heidekraut zwischen den Birken sitzen. Von dort aus, wo sie saß, konnte sie sehen, wie der Pächter und sein Weib sich plagten und die Heuballen auf dem Rücken heimtrugen.

„Erinnerst du dich“, fragte Erlend, „wie du mir einmal versprachst, zu mir zu kommen und mir das Haus zu führen, wenn ich einmal auf einem kleinen Hof drinnen im Gebirge leben würde? Du willst wohl zwei Kühe hier haben und Kleinvieh?“ Kristin lächelte und spielte mit seinem Haar.

„Was würden unsere Söhne dazu sagen. Erlend - wenn ihre Mutter ihnen so davonliefe?“

„Ich denke, es würde ihnen recht gut behagen, selbst auf Jörundhof befehlen zu dürfen“, sagte Erlend lachend. „Sie sind alt genug dazu. Gaute ist ja ein fertiger Bauer, so jung er auch ist. Und Naakkve ist doch beinahe ein Mann.“

„Ach nein.“ Die Mutter lachte still. „Er selbst meint es zwar auch, das ist richtig - ja, sie denken es gewiß alle fünf -, aber es fehlt noch allerlei, bis er den richtigen Männerverstand hat, der Junge.“

„Gerät er seinem Vater nach, so kann es sein, daß er ihn spät bekommt oder nie“, antwortete Erlend. Er lächelte hinterlistig. „Du glaubst, du könntest deine Kinder immer noch unter dem Rock verstecken, Kristin.



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