Kleiner Mann - was nun? by Hans Fallada

Kleiner Mann - was nun? by Hans Fallada

Autor:Hans Fallada [Hans Fallada]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-11-30T23:00:00+00:00


»Junger Mann«, sagt Meister Puttbreese und sieht Pinneberg zwinkernd mit seinen geröteten kleinen Augen an. »Junger Mann. Geld nehme ich natürlich nicht für die Baracke. Sie wissen Bescheid.«

»Ja«, sagt Pinneberg.

»Sie wissen Bescheid!« sagt Meister Puttbreese mit erhobener Stimme.

»Ja?« fragt Pinneberg ermunternd.

»Gott«, sagt Lämmchen. »Leg da mal zwanzig Mark auf den Tisch.«

»Richtig«, sagt der Meister anerkennend. »Die junge Frau, die hat’s. Halber November. Und da lassen Sie sich man keine grauen Haare drüber wachsen, junge Frau, mit dem Bauch. Wenn der zu dick wird und es will nicht mehr mit der Hühnerleiter, dann machen wir einen Flaschenzug an und hängen einen Stuhl darunter, und dann ziehen wir Sie langsam hoch, das soll ein Genuß für mich sein.«

»Na also«, lacht Lämmchen, »die Sorge auch los.«

»Und wann ziehen wir ein?« fragt der Meister.

Das Ehepaar sieht sich an.

»Heute«, sagt Pinneberg.

»Heute«, sagt Lämmchen.

»Aber wie?«

»Sagen Sie«, wendet sich Lämmchen an den Meister. »Können Sie uns wohl einen Handwagen pumpen? Und würden Sie vielleicht auch ein bißchen mit anfassen? Es sind nur zwei Koffer. Und dann haben wir noch eine Frisiertoilette.«

»Frisiertoilette ist gut«, sagt der Meister. »Ich hätte auf Kinderwagen getippt. Na, man weiß nicht, wie man manchmal zu was kommt. Stimmt?«

»Stimmt wirklich«, sagt Lämmchen.

»Na also, mach ich, tu ich«, sagt der Meister. »Kost ’ne Molle und einen Korn. Wolln wir man abtrümmern.«

Sie trümmern ab, mit einem Handwagen.

Nachher, in der Destille, ist es gar nicht so einfach, dem Meister Puttbreese begreiflich zu machen, daß der Umzug in größter Stille vor sich zu gehen hat.

»Ach so«, sagt der Meister schließlich, »Sie wollen Viole schieben? Sie wollen zappenduster machen? Von mir aus. Aber das sage ich Ihnen, bei mir wird Marie vorneweg abgelegt, jeden Ersten wird angetanzt, junger Mann. Und kommen Sie nicht, schadet’s auch nicht, ich mach Ihnen dann selber den Umzug, ganz gratis, bis auf die Straße raus.«

Und Meister Puttbreese funkelt mit seinen kleinen roten Augen und lacht dröhnend.

Aber dann geht alles glänzend. Lämmchen packt mit einer geradezu gnomenhaften Fixigkeit, Pinneberg steht an der Tür und hält sicherheitshalber die Klinke fest, denn im Eßzimmer ist mal wieder eine Festivität im Gange, und Meister Puttbreese sitzt auf dem Fürstenbett und sagt immer wieder bewundernd: »Goldenes Bette, das muß ich meiner Ollen erzählen, das muß ja geradezu wie Jungfernschaft anregen, da drinnen …«

Und dann fassen die Männer schon die Frisiertoilette an, Puttbreese nur mit einer Hand, in der anderen hat er den Spiegel, und wie sie wieder oben sind, sind die Koffer schon geschlossen, der Schrank gähnt leer, die Schiebladen stehen offen.

»Also los«, sagt Pinneberg.

Puttbreese faßt jeden der beiden Koffer an einem Ende an, Lämmchen und der Junge je einen am anderen. Oben auf den Körben liegt ein Handkoffer, Lämmchens Stadtkoffer, und die Eierkiste mit dem Porzellan.

»Abmarsch!« sagt Puttbreese.

Lämmchen sieht noch einmal zurück, das ist das Zimmer, ihr erstes Berliner Zimmer, es ist doch schwer, fortzugehen. O Gott, sie muß noch das Licht ausmachen.

»Einen Augenblick!« ruft Lämmchen. »Das Licht!« Und sie läßt ihren Kofferhenkel los.

Zuerst kommt der Stadtkoffer ins Rutschen, er schlägt mit einem leichten kurzen Knall auf den Boden.



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