Julia Extra - Band 436 by Julia

Julia Extra - Band 436 by Julia

Autor:Julia [Julia]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik, Kurzgeschichten & Anthologien, Liebesromane, Populäre Belletristik, Anthologien, Zeitgenössisch
Herausgeber: CORA Verlag
veröffentlicht: 2017-07-25T00:00:00+00:00


1. KAPITEL

Das Schicksal meinte es nicht gut mit Clementine.

Welche andere Erklärung sollte es sonst dafür geben, dass er ausgerechnet dann den Laden betreten musste, als sie auf allen Vieren auf dem Boden herumkroch – staubig und mit Wollmäusen im Haar.

Dass es sich bei dem Neuankömmling um einen männlichen Kunden handelte, war am Schritt leicht zu erkennen. Darin hatte sie im Laufe der Jahre viel Übung bekommen.

Dieser spezielle Mann hier hatte einen kräftigen, entschlossenen Schritt, der zu sagen schien: Aus dem Weg, hier kommt Mr. Wichtig! Sofort schrillten bei Clem sämtliche Alarmglocken. Diesen Schritt hatte sie schon mal gehört. Und zwar genau vor zehn Jahren.

Er erkennt dich bestimmt nicht wieder, du hast dich viel zu sehr verändert, versuchte sie sich einzureden. Vergeblich. Denn obwohl sie inzwischen jede Menge Gewicht verloren, eine schicke Frisur und reine Haut hatte, war sie sich bewusst, dass unter der Fassade noch der mausgraue Teenager von früher steckte. Plump, linkisch und mit Babyspeck auf den Hüften.

Der Teenager mit der chaotischen, in der Gegend herumvagabundierenden Mutter.

Clem stand auf und wischte sich die staubigen Hände an ihrer schwarzen Hose ab. „Kann ich Ihnen helfen?“ Ihren Nordstaatenakzent hatte sie mit dem Babyspeck abgelegt. Aber nicht ihre innere Einstellung. Und ihre Empfindlichkeit.

Alistair Hawthorne blickte auf sie herab. Was an sich nichts Neues war. Er hatte schon immer auf sie herabgeblickt, sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn. Er überragte sie um Haupteslänge, also blieb ihm gar nichts anderes übrig, als auf sie runterzugucken. Und schwindelerregend hohe High Heels wären nicht gerade das passende Schuhwerk, um auf der Suche nach einer seltenen Sonderausgabe von Dickens oder Hardy oder Austen eine Buchleiter zu erklimmen.

„Wo ist dein Bruder?“

Oh. Mit Höflichkeitsfloskeln verschwendete er anscheinend keine Zeit. Na ja, Höflichkeit hatte Clem von ihm sowieso nicht erwartet. Nicht nach dem Vorfall in seinem Schlafzimmer. Rückblickend war es wirklich eine dumme Idee gewesen, sich nach diesem demütigenden Date ausgerechnet dort zu verkriechen.

Doch damals war Alistairs Zimmer der einzige ruhige Ort im ganzen Haus gewesen, noch dazu mit einem eigenen Bad! Also der perfekte Platz für Clem, um sich zu verkrümeln und ihre Wunden zu lecken – und sich über die eigene Naivität zu ärgern, weil sie auf dieses gemeine Spiel reingefallen war. Eine kindische Highschool-Wette unter Jungs: Wer kriegt die fette Tussi als Erster ins Bett?

Grrrr … Natürlich hatte sie Alistair das nicht erzählt. Genauer gesagt, er hatte ihr gar nicht die Gelegenheit dazu gegeben. Als er sie zusammengerollt auf seinem Bett entdeckte, ganz rot geschrubbt von dem heißen Bad, das auch nicht geholfen hatte, sich wieder sauber zu fühlen, hatte er sie angefahren: „Du bist genau wie deine Mutter, diese Schlampe!“

Seine Worte taten ihr immer noch weh. Nie zuvor hatte jemand so mit ihr gesprochen, nicht mal einer der scheußlichen Freunde ihrer Mutter. Damals hatte sich eine Bitterkeit in Clems Seele eingebrannt, die sie nie mehr losgeworden war. Bitterkeit und Scham, die sie aufzufressen drohten.

„Wieso willst du wissen, wo Jamie ist?“, fragte Clem jetzt. Sie tat so, als ob Alistairs blendende Erscheinung sie völlig unbeeindruckt ließ.



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