Insel der Freibeuter by Alberto Vazquez-Figueroa

Insel der Freibeuter by Alberto Vazquez-Figueroa

Autor:Alberto Vazquez-Figueroa [Vazquez-Figueroa, Alberto]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
veröffentlicht: 2006-09-21T09:39:33+00:00


Don Cayetano Miranda Portocarrero y Diaz de

Mendoza musterte mit strengem Blick den Mann,

der am anderen Ende der riesigen Mahagonitafel

Platz genommen hatte, und nach einer kalkulierten Pause begann er mit tadelnder Stimme zu sprechen:

»In den Sümpfen des Orinoco-Deltas wimmelt es

im Augenblick von über fünfhundert entlaufenen

Sklaven, die, wenn ich richtig informiert bin, Euch gehören. Jetzt fügen sie unseren Truppen unzählige Verluste zu.« Er räusperte sich und nahm eine Prise Schnupftabak aus einem schweren goldenen Kästchen. »Und Ihr wißt sehr gut, daß die strengen Vorschriften es den Mitgliedern der Casa ausdrücklich verbieten, mit Sklaven zu handeln…«Er machte eine neuerliche Pause. »Oder wußtet Ihr es vielleicht

nicht?«

»Es war mir bekannt.«

»Dann dürfte Euch auch klar sein, daß dieser

schwere Verstoß allein genügt hätte, Eure brillante Karriere zu ruinieren.« Seine Exzellenz Don Cayetano Miranda Portocarrero y Diaz de Mendoza stieß einen tiefen Seufzer aus, als könne er das, was er nun hinzufügen mußte, gar nicht fassen, und eigentlich konnte er es wirklich nicht. »Doch als wäre dies alles noch nicht genug, kommt Ihr heute zu mir, um zu beichten, daß man Euch über zweitausend Perlen bester Qualität gestohlen hat, die Ihr in Eurer

Dummheit in Eurem eigenen Haus aufbewahrt habt.

Das erscheint mir nun wirklich unerhört.«

»Ich schwöre Euch, daß ich sie dort sicherer glaub-te.«

»Ihr seht ja, wie sicher sie dort waren, wo Ihr es auch noch Eurer Geliebten erzählt habt.«

»Emiliana wußte nichts davon.«

»Ihre Tochter offensichtlich schon, was um so

schändlicher ist, da diese Tatsache eine in jeder Hinsicht verabscheuungswürdige Beziehung zwischen

einem reifen Mann und einem Kind nahelegt.«

»Celeste ist kein Kind mehr«, protestierte der andere. »Seit Ihr sie das letzte Mal gesehen habt…«

»Sagt lieber nichts, Don Hernando!« rief sein Ge-

genüber empört aus. »Sagt lieber nichts! Was Ihr

getan habt, ist unverzeihlich. Und das ist noch nicht einmal das Schlimmste: Das Schlimmste ist, daß Ihr den guten Namen der Casa de Contratación in den

Schmutz gezogen habt. Gütiger Gott!« Don Caye-

tano Miranda Portocarrero y Diaz de Mendoza warf

einen langen Blick auf das riesige Bildnis von Monsignore Rodrigo de Fonseca, der über das strenge

Gemach wachte. »Was würde unser Gründer sagen,

wenn er sähe, wie tief wir gesunken sind…? Und

was wird man in Sevilla sagen, wenn die Flotte dort eintrifft und man feststellt, daß keine einzige Perle dabei ist, die auch nur eine elende Dublone wert

ist?«

Schweigen war die Antwort, denn Don Hernando

Pedrárias Gotarredona wußte auf keine einzige Fra-ge eine Antwort und war so beschämt und niederge-

schlagen, daß er fast in Tränen auszubrechen schien.

»Viele Irrtümer haben wir im Laufe der Jahre be-

gangen!« fuhr schließlich Seine Exzellenz fort.

»Leider viele, auch wenn ich felsenfest daran glau-be, daß die meisten ohne böse Absicht geschahen.

Aber daß einer unserer Beamten nicht nur des Sklavenhandels und der Verführung Minderjähriger an-

zuklagen, sondern darüber hinaus auch noch ein

unfähiger Einfaltspinsel ist, das ist die Höhe. O

Herr!« rief er aus und hob die Augen gen Himmel.

»Ein Glück, daß Euer Vater, den ich so bewundert

habe, das nicht mehr miterleben muß.«

»Ich bin hier, um für meine Taten Rede und Ant-

wort zu stehen und öffentlich die Verantwortung

dafür zu übernehmen, Exzellenz«, murmelte Don

Hernando Pedrárias schließlich fast tonlos. »Was

noch kann ich tun?«

»Verantwortung?« wiederholte sein Vorgesetzter

mit knirschenden Zähnen und rang um Fassung.



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