In der Tiefe by Crowley John

In der Tiefe by Crowley John

Autor:Crowley, John [Crowley, John]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: WILHELM HEYNE VERLAG
veröffentlicht: 2016-05-07T22:00:00+00:00


Spät, sehr spät kam Rothand zu ihr. Unten setzten die Gäste, die bei Sonnenuntergang mit ihm angekommen waren, ihr Spiel fort, obwohl es jetzt schon beinahe wieder hell war. Die ganze Nacht seit seiner Ankunft war er nur als Herr von Rotshügel mit seiner Herrin bei ihr gewesen; sie hatte zugesehen, wie er wie ein Hirte seine Freunde aus der Stadt und diese Brüder des Hirsches vom Trinken zum Essen und wieder zum Trinken getrieben hatte, mit einem festgefrorenen, eisigen Lächeln, das sie früher nicht an ihm gekannt hatte. Sie hatte ihn beobachtet, ihn und den Gelehrten, für den schließlich das morgige Fest ausgerichtet wurde, hatte gesehen, wie man die beiden aus den Scherzen ausgeschlossen oder zur Zielscheibe gemacht hatte – so schien es ihr jedenfalls, obwohl sie beide lächelten und Rothand einen Becher nach dem anderen vollschenkte, ohne selbst zu trinken, als fürchte er sich vor Blems Unbedachtheit …

Und dann, ganz spät, nachdem sie die Bösartigkeit und Sonderbarkeit, die sie im König und seinen jungen Männern, besonders in Jung Harrah, spürte, ins Bett getrieben hatte, kam Rothand zu ihr.

Er tauchte in ihre warmen Decken, schweigend, hastig, so begierig, dass es für sie schwer war, mit ihm Schritt zu halten, und doch so wild, dass er sie wie im Sturm mitriss.

Später setzte ein kühler Sommerregen ein.

Rothand schien es, als regne es jedes Mal, wenn er nach Rotshügel kam. Immer. Nachdem die Leidenschaft abgeflaut war, fühlte er, wie diese Tatsache mit furchtbarer Ungerechtigkeit auf ihm lastete und ihn mit schwarzem Selbstmitleid erfüllte, bis er aufstehen, sein Hemd anziehen, ein Licht anzünden und zu dem grauen Fenster gehen musste, um das Fallen der Tropfen zu beobachten. Nach einer Weile wurde sie von seiner Abwesenheit wach und rief leise nach ihm.

»Es war der Regen«, sagte er.

Sie bewegte sich unter den Laken. »Was haben sie vor?«

»Sie?«

»Dort unten. Der König.«

Er sagte nichts, weil er es selbst nicht wusste.

»Schaden? Für uns?«

»Und wenn es so wäre?«

Der Regen fiel mit gleichmäßigem Geräusch. Die Dunkelheit sprach wieder zu ihm: »Der König«, sagte sie. »Jung Harrah ist … Sie haben irgendeinen Plan.«

»Sie sind auf meine Einladung hier. Zu einem Fest. Sie haben keinen Plan.« Der Regen erinnerte ihn an sie, deutete selbstgefällig an, was jene nicht auszuführen wagten, deutete die Rache an, für die sie zu schwach waren, die Macht, die sie nicht ergreifen konnten. Die sie Rothand nicht entreißen konnten. Sein Kopf sank auf seine breiten Schultern wie der eines Stiers, als er an sie dachte. »Lass ihn ruhig am König saugen. Lass sie ihre Witze machen, wer das Zepter des Königs hält. Sie sind wie Insekten an einer Kerzenflamme …«

Da wusste sie, während sie still dalag, um seine kratzige Stimme zu hören, dass sie recht gehabt hatte, dass der König, wenn nicht den Tod ihres Gatten, dann seinen Ruin beabsichtigte; und dass Rothand es nicht wusste.

Der Tag des Festes dämmerte herauf; der Regen wurde in Richtung auf die Stadt fortgeblasen.



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