Im Schatten des Mondes: Roman by Michael Connelly

Im Schatten des Mondes: Roman by Michael Connelly

Autor:Michael Connelly
Die sprache: deu
Format: azw3, epub, mobi
ISBN: 9783453873551
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2014-07-07T22:00:00+00:00


24

Karch stand in einem frischen Anzug vor dem Übungsspiegel und rückte seine Krawatte zurecht. Es war eine Hollyvogue mit Art-Deco-Spiralen, die seinem Vater gehört hatte. Er trug sie zu einem zweifarbigen Hollywood-Gabardinesakko und einer Bundfaltenhose, die er bei Valentino’s in der Downtown gekauft hatte.

Sein Pager ertönte, und er nahm ihn von der Kommode. Die Nummer auf dem Display war die von Vincent Grimaldi. Er löschte sie, hakte den Pager an seinen Gürtel und machte sich wieder an der Krawatte zu schaffen. Er würde Grimaldi nicht zurückrufen. Er wollte ihn persönlich aufsuchen, um ihn über seine Fortschritte in Kenntnis zu setzen. Als er mit der Krawatte fertig war, kehrte er an die Kommode zurück, um seine Waffen zu holen. Er steckte die Sig ins Holster und ließ den Sicherungsriemen darüber einschnappen. Dann nahm er die kleine .25er. Es war eine Beretta, die in seiner Handfläche Platz fand. Er stellte sich wieder vor den Spiegel und ließ die Hände – die .25er hielt er in seiner rechten verborgen – locker an den Seiten herabhängen. Als er ein paar Gesten und Bewegungen damit machte, achtete er darauf, dass die Pistole nie zu sehen war. Die rechte Hand des David, dachte er. Die rechte Hand des David. Dann begann er, das Finale zu üben. Während er mit seinen scheinbar leeren Hände wie bei einer Unterhaltung gestikulierte, hatte er die Waffe plötzlich so in der Hand, dass sie direkt auf sein Spiegelbild gerichtet war. Als er das genügend geübt hatte, steckte er die kleine Pistole in die Zauberertasche aus schwarzer Seide, die er sich von einem Schneider in der Downtown hinten in den Hosenbund hatte nähen lassen – bei jeder Hose, die er hatte. Er reckte die Hände mit nach vorn gewandten Handflächen dem Spiegel entgegen, dann hielt er sie aneinander, als betete er. Schließlich verneigte er sich und trat vom Spiegel zurück, Ende der Vorstellung.

Auf dem Weg in die Garage machte Karch in der Küche Halt und nahm einen Steinguttopf aus einem der Schränke. Er entfernte den Deckel und warf die zwei Patronenhülsen aus der Wüste zu den anderen hinein. Dann hob er den Topf hoch und sah ihn an. Er war fast zur Hälfte voll mit Hülsen. Er schüttelte ihn und lauschte ihrem Scheppern. Dann stellte er ihn in den Schrank zurück und nahm eine Packung Honeycombs-Flocken heraus. Er hatte großen Hunger. Er hatte den ganzen Tag nichts gegessen, und die körperliche Anstrengung in der Wüste hatte viel Kraft gekostet. Er passte auf, dass er keine Krümel auf die Kleider bekam, als er die Getreideflocken, immer eine Handvoll davon, direkt aus der Packung zu essen begann.

Er ging in die Garage, die ohne Genehmigung in ein Arbeitszimmer umgebaut worden war, und setzte sich an seinen Schreibtisch. Im Gegensatz zu den meisten anderen Privatdetektiven brauchte er kein Büro in einem Bürogebäude. Der Großteil seiner Aufträge – zumindest der legalen – ging telefonisch aus anderen Bundesstaaten ein. Seine Spezialität waren Vermisste. Er zahlte den zwei Metro-Detectives, die für die Vermisstmeldungen zuständig waren, fünfhundert Dollar im Monat, damit sie ihm Klienten zuschanzten.



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