Im Augenblick der Angst by Marcus Sarkey

Im Augenblick der Angst by Marcus Sarkey

Autor:Marcus Sarkey [Sarkey, Marcus]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2013-02-01T05:00:00+00:00


Der Körper des Typen versteifte sich. Zivilistenidiot, dachte Jack. Bei den meisten Männern reichte ein ordentlicher Schlag in die Nieren, um ihnen klarzumachen, wo’s langging. Nicht so bei diesem hirnrissigen Hurensohn. Der dachte immer noch, er könnte Ansprüche stellen.

Jack zog den Hahn zurück. Das Klicken hallte laut von den Kellerwänden wider.

»Nein, nicht, bitte nicht!« Tom Reed wirbelte auf den Knien herum und schlug die Hände vors Gesicht. Jetzt wirkte er wirklich verzweifelt. Jetzt strahlte er diese tierische Panik aus, jetzt irrten seine Augen umher, wie es sich gehörte. »Es war hier!«, rief er. »Ich schwöre, es war hier!«

»Leg dich hin«, wiederholte Jack, »und streck den Arm aus.«

»Wir wurden ausgeraubt«, platzte es aus Tom heraus, »Anfang der Woche. Damals haben sie das Geld nicht gefunden, aber anscheinend sind sie zurückgekommen. Bestimmt ist ihnen eingefallen, dass sie den Keller übersehen hatten, und wir haben nichts davon gemerkt, weil sie nicht oben waren, aber sie waren hier, und –«

»Tom.« Jack sprach betont langsam. »Was denkst du, wer ist in dein Haus eingebrochen?« Er schüttelte den Kopf. »Wenn dir die harte Tour lieber ist, machen wir’s eben auf die harte Tour. Und jetzt leg dich bitte auf den Boden.«

Einen ausgedehnten Moment lang starrte ihn der Typ einfach nur an, während alle Farbe aus seinem Gesicht wich und tausend Ängsten Platz machte. Es gab nichts Furchteinflößenderes als die Monster, die man im eigenen Kopf erschuf – und trotzdem schien der Kerl noch immer Einwände erheben zu wollen. Jack bewegte die Pistole von Toms Nase zu seinem Bauch. »Jetzt.«

Langsam legte sich Tom Reed auf den schmutzigen Boden. Er brachte die Knie nach vorne, stützte sich hinten auf den Ellbogen ab und hielt diese Position für eine Sekunde, bevor er auf den Rücken sank und den Arm ausstreckte. Seine Augen schienen die Decke durchbohren zu wollen.

Jack schob den Hahn der 1911 nach vorne, hielt sie aber weiter auf den Magen des Typen gerichtet. Dann setzte er die Spitze seines Schuhs – Größe 46 – auf den ausgestreckten Arm, knapp unter dem Ellbogen. Und lehnte sich mit dem ganzen Gewicht darauf. Tom Reeds Lippen bewegten sich lautlos und rhythmisch, als würde er immer wieder dieselben Worte wiederholen, ein Gebet vielleicht, oder eine Art Versprechen. Jack spürte die vertraute Enge in der Brust, den alten Rausch aus Angst und plötzlicher Macht, die Existenz auf der messerscharfen Kante des Lebens, wo jede Minute neu über das Schicksal entschieden wurde. Er ließ dem Augenblick Zeit, sich zu entfalten, ließ die Angst des Typen gerinnen.

Schließlich fragte er: »Tom, wo ist mein Geld?«

Tom drehte den Kopf zur Seite. Kalter Schweiß glänzte auf seiner Stirn, seine Augen bestanden nur noch aus Pupillen. »Ich schwöre bei Gott«, sagte er, »es war da drinnen.«

Jack schüttelte den Kopf, richtete die Pistole noch einmal aus – für alle Fälle – und hob den rechten Fuß. Die Ferse des Lederschuhs zeigte nach unten.



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