Hundert Namen: Roman (German Edition) by Cecelia Ahern

Hundert Namen: Roman (German Edition) by Cecelia Ahern

Autor:Cecelia Ahern [Ahern, Cecelia]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
ISBN: 9783104022666
Herausgeber: S.Fischer Verlage
veröffentlicht: 2012-10-24T22:00:00+00:00


Kapitel 17

Wenn jemand behauptet hätte, dass Ambrose noch nie zuvor mit einem menschlichen Wesen gesprochen hatte – Kitty hätte ihm geglaubt. Ambrose war nicht unhöflich oder unverschämt, aber sie hatte keine Ahnung, wie man Konversation machte. Abgesehen von dem einen unbeabsichtigten Mal, als Kitty einen Blick auf das entstellte Gesicht und die unterschiedlichen Augenfarben erhascht hatte, gab es keinen Blickkontakt. Vielleicht hatte ihr Kittys Reaktion missfallen, jedenfalls sah Ambrose sie nicht wieder an. Und nicht nur das: So wie sie am anderen Ende des Tischs saß, diagonal zu Kitty und obendrein von ihr weggedreht, zeigte sie nur ihre rechte Körperseite. Zumindest waren die Haare hinters Ohr gestrichen und man sah ein ganzes Stück blasse Porzellanhaut. Ambrose war ohne Zweifel die ungewöhnlichste Person, der Kitty je begegnet war, nicht nur äußerlich, sondern auch vom Charakter her.

Ihr Umgangston war ebenso verstörend wie ihr sonstiges Verhalten. Sie sprach sehr leise, schien sich dessen auch gelegentlich bewusst zu werden und redete dann plötzlich wesentlich lauter. Aber dann vergaß sie es offenbar wieder, und ganze Worte verschwanden im Flüstern. Kitty musste dauernd die Ohren spitzen.

»Sie hat mich angerufen. Ja, das war. Letztes Jahr. Denn es kam mir. Sehr ungewöhnlich vor.« Die letzten drei Worte schrie sie beinahe, und als hätte sie sich damit selbst erschreckt, verfiel sie wieder in ihren Flüsterton. »Sie wollte mich besuchen. Und ein Interview mit mir machen. Ja, das war es. Ich hab nein gesagt. Dass ich keine. Interviews gebe.«

»Hat sie auch gesagt, worum es in dem Interview gehen sollte?«

»Eugene. Ich hab ihr gesagt, sie soll mit Eugene sprechen. Über das Museum. Er erledigt die Öffentlichkeitsarbeit. Nicht ich. Aber sie hat gesagt, es geht nicht um das Museum. Sie wusste nichts von den Schmetterlingen.«

»Also ging es um Sie persönlich?«

»Das hat sie gesagt. Ich hab geantwortet, dass ich das nicht will. Die Liste. Sie meinte, sie lässt mich trotzdem auf der Liste. Keine Ahnung, was das heißt.«

»Das ist eine Liste mit hundert Namen von Leuten, mit denen sie sprechen und über die sie schreiben wollte«, erklärte Kitty.

»Sie hat mich noch mal angerufen. Ein paar Tage später. Da hatte sie eine Frage wegen einer Raupe.«

»Die Oleanderraupe.« Kitty lächelte.

»Sie hat gelacht. Sie fand es komisch. Auf nette Art. Sie war überhaupt sehr nett«, fügte sie sanft hinzu, und endlich hob sie die Augen, sah Kitty für einen Sekundenbruchteil an und schaute dann schnell wieder weg, als wüsste sie, dass Constance nicht mehr da war. »Sie hat gefragt, ob sie mich besuchen kann. Um mit mir zu sprechen. Das Museum zu sehen. Ich hab ihr gesagt, das Museum kann sie sich gern ansehen. Aber nicht mich. Nur das Museum, aber das ist bloß im Sommer offen. Frühling. Sie hat mich letzten Frühling angerufen. Aber sie ist nie gekommen.«

Kitty musste sich nicht abwenden, um ihre Tränen zu verbergen, denn Ambrose schaute sie ohnehin nicht an.

»Sie ist krank geworden«, erklärte Kitty, und ihre Stimme war nur ein Krächzen. »Letztes Jahr hat man bei ihr Brustkrebs festgestellt, und vor zwei Wochen ist sie gestorben.«

»Mein Daddy ist auch an Krebs gestorben.



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