Hexenseelen -3- by Olga A. Krouk

Hexenseelen -3- by Olga A. Krouk

Autor:Olga A. Krouk [Krouk, Olga A.]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fantasy
ISBN: 9783453526785
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 2010-12-07T23:00:00+00:00


Kapitel 16

Ylva starrte aus dem Taxi und beobachtete, wie die vorbeiziehenden Gebäude sich aus der Dunkelheit schälten, um gleich darauf von der Nacht wieder verschluckt zu werden. Wie unzählige Autos sich zusammendrängten und aneinander vorbeischoben: Hauptsache, zwei Sekunden schneller, Hauptsache, drei Meter weiter vorn. Was für seltsame Geschöpfe! Mit einem merkwürdigen Sinn für die Welt, für das, was man ändern oder erreichen konnte. Als würde ein Tropfen ein ganzes Meer in Wallung bringen, als würde ein Sandkorn eine Düne wandern lassen. Dabei bedurfte dies ganz anderer Naturgewalten.

Und was ist mit dir? Bist du eine Naturgewalt, oder solltest du vielleicht aufhören, das Unverrückbare verschieben zu wollen?

Es wäre um so vieles leichter, jetzt umzudrehen und alles über sich ergehen zu lassen, was das Schicksal oder jemand anders für sie bereithielt. Aber das wollte sie nicht. Wenn sie nichts tat, wenn sie nicht kämpfte, würde sie aufhören zu existieren.

Sie schaute noch einmal zurück, über die unzähligen Schweinwerferlichter hinweg zu den Dächern der Häuser, zum dunklen Himmel. Ob es ihrem pelzigen Freund gutging? Sie hätte die Ratte nicht zurücklassen dürfen. Sie fühlte sich wie eine Verräterin.

Vielleicht … vielleicht wird Conrad sich um sie kümmern. Sie mit Apfelstücken füttern. Mit ihr plaudern. Und sie irgendwann auch streicheln, ohne gebissen zu werden.

Alba sagte etwas. Dann wiederholte sie es, und schließlich rüttelte sie leicht an Ylvas Schulter. Erst da fiel dieser auf, dass die junge Frau eine Reaktion von ihr erwartete.

Ylva fuhr sich über die Stirn, als könne sie damit ihre Gedanken vertreiben. »Entschuldige, was hast du gesagt?«

Alba lächelte. »Ich bin so froh, dass du da bist. Dass du mir hilfst.«

»Ich bin auch froh, dich bei mir zu haben«, erwiderte Ylva, um das Flüstern zu ersticken, das sich in ihr erhob: Lächerlich! Hör lieber auf, diesem Mädchen falsche Hoffnungen zu machen. Sag ihr die Wahrheit, sag ihr, dass du eine miese Lügnerin bist und in Wirklichkeit nicht die geringste Ahnung hast, wo Finn wohnte.

Ylva wandte sich wieder dem Fenster zu, konnte sich jedoch nicht auf die Umgebung konzentrieren. Einige Zeit später hielt das Taxi an. Während Alba bezahlte, schaute Ylva umher. Der Tag, als sie zum ersten Mal hier war, als sie Linnea gefolgt war, lag eine Ewigkeit zurück. Sie selbst hatte sich verändert, genauso wie ihre Wahrnehmung der Welt um sie herum. Sie roch einen Fluss, lauschte dem leisen Plätschern der Wellen und wusste, dass es die Elbe war. Sie bewunderte die kleinen, an den Hang rechts von ihr gebauten Häuschen für die Gemütlichkeit, die sie verströmten, und erkannte gläserne Fassaden anderer Bauten als modern an. Sie machte sich Gedanken um die Menschen, die hier wohnten: Ein Krieg tobt in ihren Vorgärten, und sie merken es nicht. Wie kann das sein? Sehen sie es nicht, oder wollen sie es nicht sehen? Und was wird geschehen, wenn sie gezwungen werden, es doch zu sehen? Werden sie auch dann blind bleiben, ihre Aufläufe backen, mit den Nachbarn schnacken und ihre Kinder auf der Straße spielen lassen?

»So, jetzt bin ich pleite«, verkündete Alba, als die roten Lichter des Taxis in der Dunkelheit verschwanden.



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