Hexenliebe by Spang Marita

Hexenliebe by Spang Marita

Autor:Spang, Marita [Spang, Marita]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-426-42279-3
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2014-03-26T16:00:00+00:00


Sonntag, 25. November 1612

Ächzend zwängte sich Andreas Mohr durch das Angstloch und stieg vorsichtig die wacklige Leiter hinab, die die Wachen in die Kerkerzelle von Martha Adams hinabließen. Ihr Angebot, die Delinquentin zu der von ihr so dringlich gewünschten Beichte in die Wachkammer zu bringen, hatte er abgelehnt. Er wusste um die schlechte Verfassung der Frau und wollte sie vor den groben Griffen der Wärter bewahren.

Dank Heinrich Dietz und Sebastian de la Val war der Zustand der Zelle nicht so schlimm wie in anderen Gefängnissen. Das Stroh wurde alle drei Tage gewechselt, es gab einen Eimer für die Notdurft, der täglich geleert wurde, und die Gefangene trug nur eine Fußfessel an einer langen Kette, die ihr Bewegungsfreiheit gab, soweit es der enge Kerker erlaubte. Gleich neben dem Angstloch brannte eine kleine Pechfackel, die das fehlende Tageslicht zwar nicht ersetzen konnte, angesichts der völligen Dunkelheit in ähnlichen Verliesen aber eine große Annehmlichkeit darstellte. Nicht nur Scholer, auch die Wachen hatten über diesen Luxus weidlich gemurrt.

Dennoch war die Gruft, in die Mohr hinabstieg, alles andere als ein behaglicher Ort. Die Zelle war halbrund. Sie bildete mit dem zweiten Verlies, in dem Zia Schreber einsaß, das Kellergeschoss des Haidturms, der zur Stadtbefestigung gehörte. Der feuchte Raum war zu jeder Jahreszeit muffig und jetzt im Winter empfindlich kalt. Draußen lag schon seit einigen Tagen Schnee.

Der ausgestoßene Atem des Pfarrers bildete weiße Wölkchen, als er am Boden des Kerkers angelangt war. Aufseufzend vor Erleichterung streifte er den Rucksack ab, der neben seinen Utensilien für die Beichte auch Arzneien, einen kleinen Kuchen und einen Krug Wein enthielt.

Trotz des schlechten Lichts sah der Geistliche, dass sich Martha Adams nach der gestrigen Folter in einem erbärmlichen Zustand befand. Die gerade notdürftig verheilten Wunden an den Händen waren mit frischem Blut verkrustet, die Wäscherin glühte vor Fieber. Da sie am Vortag erneut aufgezogen worden war, bereitete ihr die kleinste Bewegung unsägliche Schmerzen. Aufgrund der Schwellungen hatte der Henker die erneut aus den Gelenkpfannen gesprungenen Schultern noch nicht wieder einrenken können. Da ihre Unterschenkel schon vor der Wiederholung der Tortur durch den brutalen Einsatz der Spanischen Stiefel gebrochen waren, konnte sie sich nun nicht einmal mehr auf Händen und Knien durch die Zelle bewegen.

Ein schlimmer Gestank stieg von ihrem Strohlager auf, das die Gequälte eingenässt und wohl auch eingekotet hatte. Der Eimer für die Notdurft in der Ecke war für sie unerreichbar geworden.

Dennoch hob die Frau, die zuvor nur apathisch auf ihrem Lager gelegen hatte, mit großen Mühen den Kopf, als sie Mohr erblickte. Ein geisterhaft wirkendes Lächeln verzerrte ihr ausgezehrtes Gesicht.

»Ich danke Euch von ganzem Herzen, Hochwürden, dass Ihr meiner Bitte gefolgt seid«, flüsterte sie tonlos. Ihre Stimme war durch die Schreie unter der Folter heiser geworden. »Der Herr im Himmel wird es Euch lohnen.«

Mit einer sanften Handbewegung gebot Mohr, ihr zu schweigen. Erschüttert zog er die Beinwellsalbe und die frischen Verbände aus dem Rucksack, die Magdalena ihm mitgegeben hatte. Kurz überlegte er, ob er ihr etwas von dem mit Mohnsaft vermischten Wein einflößen sollte, beschloss aber dann, noch damit zu warten.



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