Herr Paul by Tankred Dorst

Herr Paul by Tankred Dorst

Autor:Tankred Dorst [Dorst, Tankred]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Theater
Herausgeber: Suhrkamp Verlag
veröffentlicht: 1993-08-14T16:00:00+00:00


11

PAUL sieht ihm nach Da sehe ich noch sein Bein, und jetzt sehe ich nichts mehr. Jetzt haben wir mal einen Moment Ruhe. Ozeanische Ruhe, tiefe ozeanische Ruhe. Deutet aufs Sofa. Betten Sie sich! Räumt das Sofa frei. Und ziehen Sie Ihre Schuhe aus.

LILO Was will er denn überhaupt da oben?

PAUL Seifenstaub und tote Tauben. Zu Helm. Ziehen Sie sie schon aus!

HELM Ich will meine Schuhe nicht ausziehen. Lassen Sie mich. Warum soll ich denn unbedingt meine Schuhe ausziehen, verdammt!

PAUL Ich gehe hier nie in Schuhen umher. Eingezwängte Füße! Verkrüppelung! Sehn Sie sich mal meine Füße an! Den einen Fuß und den anderen Fuß! Die Füße einer Prinzessin. Zu Lilo. Lachen Sie nicht. Mein Körper ist schwer, aber meine Füße? Kleine springende Katzen!

HELM Immer wollen Sie mich ablenken. Ich kenne das jetzt. Ich will etwas anfangen mit meinem Leben, und Sie nehmen mir den Platz weg.

PAUL Geschäfte mit Ihrem kurzbeinigen Partner da oben. Vergrößerung, Erweiterung! Wo soll das hinführen? Immer mehr, immer größer! Ich sage Ihnen, wo das hinführt: in die Katastrophe. Der Großvater hat noch die streunenden Hunde zusammengefangen und Seife daraus gekocht …

HELM Reden Sie doch keinen Unsinn!

PAUL Alle Hunde in dieser Gegend waren weg, verschwunden! Er hatte Leute dafür angestellt, sie zu fangen. Man hat darüber geredet! Und so geht das weiter, und die Fabrik wird immer größer, und dann werde i c h in den Kessel gesteckt! Ich und ein paar andere. Es gibt Abfall genug. Alles in den Kessel, überall Aufbau. Die sogenannten Tüchtigen werfen die Untüchtigen in den Kessel, das ist produktiv! Und so geht es aufwärts, und alles wird immer besser. Anita? Auch nicht viel wert.

LILO So ist doch Helm gar nicht!

HELM Leute wie Sie werden in k e i n e r Gesellschaft gebraucht. Sie sind ein Schmarotzer, und Ihre Schwester auch!

LILO Glauben Sie ihm kein Wort.

HELM Sie leben nicht!

PAUL Ich lebe nicht?

HELM Nein.

Schweigen.

PAUL Anita, hast du gehört? Dieser junge Herr hat gesagt, ich lebe nicht. Kennst du mich?

Anita nickt.

PAUL Jetzt gebe ich dir die Hand. Gibt Anita die Hand. Ich drehe meinen Kopf hin und her — so! Und blase die Backen auf! Und jetzt mache ich einen Sprung! Hast du das gesehen? Er hebt ihr schnell den Rock von hinten hoch, sie fährt herum. Siehst du, — ich bin das! Und er sagt, ich lebe nicht! Dann muß ich ja wohl tot sein. Er fällt plötzlich vor Anita lang auf den Boden hin.

LILO zu Helm Ach, du bist schrecklich. — Herr Paul, stehen Sie doch lieber auf. Bitte!

Paul rührt sich nicht. Schweigen. Paul richtet sich plötzlich auf und schüttelt sich vor Lachen. Anita lacht mit.

PAUL Sehen Sie, das Ferkelchen hat gelacht! Haben Sie es gesehen? Das ist der Beweis, daß ich lebe.

HELM Verdammt nochmal, lassen Sie doch diesen Unfug! Ich will nur, daß Sie ausziehen, und zwar so bald wie möglich!

Schweigen.

PAUL Gut, ich habe verstanden.

HELM Hoffentlich, ja!

PAUL Ich gehe, ich weiche.

HELM Wann präzise?

PAUL Ich gehe! Ich gehe sofort.

HELM Von sofort ist nicht die Rede.

PAUL Auf der Stelle! Wo sind meine



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