Hera Lind by Männer sind wie Schuhe

Hera Lind by Männer sind wie Schuhe

Autor:Männer sind wie Schuhe [Schuhe, Männer sind wie]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-09-12T18:55:24+00:00


ANITA

»Kindchen, du wirst sehen. Du wirst dich gereinigt fühlen, so wie früher nach der Beichte.« Ursula Kobalik nahm das letzte Jackett Christians vom Bügel und warf es auf mein Bett. »Wie viele Müllsäcke hast du denn noch?«

»Keine mehr.« Ich richtete mich auf und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Mir tat der Rücken weh. Wir hatten seit dem frühen Morgen Christians Sachen aus Schränken und Kommoden geräumt und in Müllsäcke gestopft. Vier Koffer und zwei Bücherkisten standen bereits gepackt auf der Terrasse im Schnee. Seine Uhrensammlung, seine Instrumente und seine gerahmten Fotos mit Karajan, Bernstein, Sir George Solti und wie die weltberühmten Dirigenten alle hießen, wollten wir lieber nicht der Kälte aussetzen. Kobaliks würden die Übergabe in Anwesenheit des Anwalts Ralf Steiner überwachen. Verrückterweise kannten sich Christian und Ralf Steiner sogar! Sie hatten ein paarmal miteinander Golf gespielt, wie Steiner mir zynisch lächelnd mitgeteilt hatte.

»Tja, die Welt ist klein. Man sieht sich im Leben immer zweimal!« Dabei hatte er ziemlich dreckig gelacht: »Der Sauhund hat mich im Golf immer geschlagen, aber in dieser Sache werde ICH gewinnen! Und am Ende wird er kein Geld mehr haben, um Golf zu spielen!«

Inzwischen hatte Christian auch den Bescheid erhalten, dass er sich dem Grundstück bis auf hundert Meter nicht mehr nähern durfte. Festnetz- und Handynummern waren geändert worden, nur zu Grazia und Gloria hatte Christian noch telefonisch Kontakt. Aber auch die Mädchen sollten erst mal aus der »Gefahrenzone«, wie Kobaliks sich ausdrückten.

»Morgen fliegst du schön mit deinen Töchtern nach Hamburg, und ihr macht euch ein tolles Mädels-Wochenende!« Ursula Kobalik griff nach ihrem Champagnerglas, das sie auf Christians Nachttisch neben unserem Hochzeitsfoto abgestellt hatte.

»Prost, meene Kleene. Beim nächsten Mann wird alles anders!«

»Ach, Ursula! Du weißt genau, dass nur Romane so heißen!« Ich wollte keinen Mann mehr. Ich wollte nur mit meinen Töchtern meine Ruhe haben. Solange wir unser Leben weiterführen konnten wie bisher, sollte mir alles recht sein. Und Steiner hatte mir versichert, dass dem so sein würde. Christian würde unseren gewohnten Lebensstandard weiterfinanzieren müssen. Mir war zwar nicht ganz wohl bei dem Gedanken, aber die Würfel waren gefallen.

»Überraschung!« Mit breitem Lächeln zog Ursula drei Musicalkarten aus den Untiefen ihrer Gewänder: »›König der Löwen‹! Dreimal Parkett, dritte Reihe Mitte! Ein Jeschenk von Wolfjank und mir!«

Ich warf einen Blick auf die Karten: »Hundertfünfundzwanzig Euro? Pro Stück!? Ihr habt doch schon die Flüge und das Hotel für uns gebucht!«

»Weil du es uns wert bist.« Ursula breitete die Arme aus, und ich sank an ihre Brust.

»Danke, Ursula, wie großzügig von euch!«

»Dieses Wochenende sollt ihr nur Spaß haben und euch amüsieren. Wir erledigen hier die Drecksarbeit.«

Drecksarbeit. Ja, so konnte man das durchaus nennen. Ich fuhr mir über die Stirn. Bloß nicht nachdenken jetzt. Bloß nicht zweifeln. Er hatte mich betrogen. Immer wieder. Da gab es nichts zu überlegen.

»Mensch, packen macht durstig, wa?!« Ursula ließ sich auf Christians Betthälfte fallen und baumelte vergnügt mit den Beinen. Sie schenkte uns beiden Champagner nach: »Auf dein neues Leben. Mach ma so richtig Tabula rasa!«

Ja, Tabula rasa machen war toll. Es brachte Schwung in mein festgefahrenes Leben.



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