Her mit dem Zauberstab by Brigitte Riebe

Her mit dem Zauberstab by Brigitte Riebe

Autor:Brigitte Riebe [Riebe, Brigitte]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-06-25T00:00:00+00:00


***

Es war Urzeiten her, dass sie sich im Dunkeln zusammengekuschelt hatten. Seit langem war Zoes Zimmer für Mimi tabu und erst recht ihr Bett, aber heute tat es gut, gemeinsam den Unbilden des Lebens zu trotzen.

»Dass sie so gemein sein kann!«, wiederholte Mimi nun bereits mindestens zum sechsten Mal. »Das hätte ich niemals von Mami gedacht.«

»Ich schon«, sagte Zoe dumpf. »Noch bist du ihr kleines, dummes dickes Baby und stehst damit sozusagen unter Artenschutz. Aber warte nur mal, bis du ein bisschen älter geworden bist! Dann wirst du schon erleben, wozu sie wirklich fähig ist!« Sie begnügte sich mit drohendem Schweigen.

»Hat sie dir eine geklebt?«, murmelte Mimi atemlos.

Es war beinahe wie im Krimi, und sie schien fest entschlossen, jede Minute des wohligen Kitzels auszukosten. Außerdem lenkte sie das von der eigenen Misere ab. Die vier hässlichen »Mangelhaft«, die sie wie eine drohende Armada auf sich hatte zukommen sehen, hatten ihr in letzter Zeit reichlich schlaflose Stunden bereitet. Jetzt war sie regelrecht erleichtert, dass endlich alles herausgekommen war.

»Nein, das hat sie dann doch nicht gewagt, wo ich inzwischen einen Zentimeter größer bin als sie! Aber du hättest sie mal hören sollen! ›Ich seh’ dich förmlich vor mir, Zoe: Wahrscheinlich knutschst du öffentlich rum, bis sich Speichelfäden wie auf einer Pizzaschnitte ziehen.‹ Das hat sie wortwörtlich abgesondert. Findest du nicht, das reicht?«

»Wahnsinn«, flüsterte Mimi beeindruckt. »Und machst du das? Mit deinem Tiger, meine ich? Richtige Zungenküsse und so?«

Sie war geschmeichelt und beeindruckt, dass die Große sie ins Vertrauen gezogen hatte. Wenigstens teilweise. Das war mehr, als sie in der Regel erwarten durfte, viel mehr sogar.

»Das geht dich gar nichts an!« Es wurde plötzlich kühl an ihrer Seite. »Und selbst wenn, dann bestimmt nicht so eklig. Außerdem bin ich alt genug. In einem Jahr bin ich schließlich volljährig. Dann könnt ihr allemal was erleben!«

»Klar. Natürlich. Du hast es wirklich gut. Ich wäre auch gern endlich fünfzehn«, sagte Mimi sehnsüchtig und dachte an Pablo aus Caracas. »Oder wenigstens dreizehn. Zwölf ist einfach nur oberdoof. Da ist man kein Kind mehr und auch sonst noch nichts anderes.«

»Stimmt. Ich kann mich noch gut daran erinnern«, sagte Zoe und robbte versöhnlich wieder näher. »War wirklich kein Honigschlecken.« Schien, als ob nicht nur die Kleine in dieser Nacht Wärme und Unterstützung brauchte. »Aber weißt du, was heute am allerfiesesten war? Dass ich mutterseelenallein in die Kneipe gehen musste, um fünfundvierzig Euro für die Cocktails auf den Tisch zu blättern! Ich habe Mami so gebeten mitzukommen, aber sie blieb hart wie Stein. Oberpeinlich, kann ich dir sagen. Jetzt bin ich rettungslos pleite. Dabei war das Zeug nicht einmal richtig gut. Und der Typ, dieses Nachtgespenst, hatte mich eindeutig eingeladen. Daran gibt es keinen Zweifel. Aber als ich nicht so wollte wie er, hat er mich einfach hängenlassen, das Oberschwein.«

Ihre Stimme wurde verträumt.

»Tiger hätte ihm ordentlich die Fresse polieren sollen, anstatt ihm nur ein bisschen zu drohen.«

»Meinst du, das hätte er getan?«

»Klar. Für mich immer.«

»Und stimmt es wirklich, dass die Kellnerin dir mit der Polizei gedroht hat?«

»Das war der Wirt, Dummchen, nicht die Kellnerin.



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