Helga Glaesener by Wespensommer
Autor:Wespensommer [Wespensommer]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-8437-0498-4
Herausgeber: List Taschenbuch
veröffentlicht: 2014-11-27T16:00:00+00:00
12.Kapitel
Rossi stürmte ihr aus dem Haus entgegen. »Diavolo! Wo, zur Hölle �«
»Beim Reticella. Ich war beim Retiâ¦Â«
»Und was, in drei Teufels Namen â¦Â«
»Sie haben sie gefunden?« Cecilias jähe Hoffnung zerbrach an Rossis finsterem Kopfschütteln.
»Warum beim Reticella?«, brüllte er.
Bockig zuckte sie die Schultern und ging ins Haus.
Rossi folgte ihr. »Warum beim Reticella?«
Sie trat ins Speisezimmer und wollte ihm wütend Contra geben. Aber als sie seinen Mantel auf dem Boden und seine Stiefel in der Ecke liegen sah, erlosch ihr Zorn wie eine Kerze, auf die man einen Kerzenhut stülpt. So also stand es um den Mann.
»Es war Unfug, am Reticella zu suchen. Sie hat mit diesen Morden nichts zu tun!«, blaffte Rossi sie an, während er sich in seinen Ohrensessel warf, als läge darin die letzte Möglichkeit zu verhindern, dass er aus der Haut fuhr.
»Dina war also bei keinem der Kinder?«
»Nein.«
»Das wundert mich nicht. Sie war mit niemandem befreundet. Die Kinder mochten sie nicht. Sie hielten sie für eingebildet.«
»Das ist sie auch«, sagte Rossi.
»Keineswegs. Mit acht Jahren ist man nicht eingebildet, sondern unerfahren.«
»Sie ist neun. Und es ist nicht angebracht, in der Vergangenheit zu reden. Man mag sie nicht. Man hält sie für eingebildet.«
»Und nun?«
Als er ihr keine Antwort gab, ging sie hinüber in ihr Zimmer, um sich ein trockenes Kleid anzuziehen. Sie lieà sich damit Zeit. Vielleicht hatte Dina sich verlaufen. Vielleicht lag sie gerade jetzt unter irgendeinem Baum und schlief wie ein kleiner Engel.
Ich bin nicht ihre Mutter. Mütter fühlen, wie es ihren Kindern geht. Fleisch von deinem Fleisch. Ich fühle gar nichts. Mir zerreiÃt es nur das Herz. Aber ich bin schuld. Ich hätte auf sie aufpassen müssen.
SchlieÃlich kehrte sie ins Speisezimmer zurück. Rossi hatte sich aus dem grünen Sessel nicht fortgerührt. Er konnte im Moment nichts tun, das sah sie ein. Wahrscheinlich war er schon sämtliche Gassen der Stadt abgelaufen, aber hinter den Toren war das Gelände schlicht zu weitläufig. Cecilia schaute zur Uhr, deren Zeiger sich hinter dem schwarz schimmernden Glas versteckten. Sie musste direkt vor das altertümliche Möbel treten, um zu sehen, dass es kurz vor vier war.
»Was geschieht, wenn es wieder hell ist?«
»Ich stelle einen Trupp zusammen«, sagte Rossi.
Bis dahin dauerte es nicht einmal eine Stunde. Zwei Männer kamen auf den Marktplatz, ein dünner älterer Mann mit wettergegerbtem Gesicht und einer blauen Mütze auf der Glatze, und einer, der wie sein zwanzig Jahre jüngeres Ebenbild aussah. Rossi ging hinaus und schickte den Jungen, den er Omero nannte, zu Secci. Dann unterhielt er sich mit dem Glatzkopf. Trotz des offen stehenden Fensters konnte Cecilia nicht verstehen, was sie sagten.
Weitere Männer sammelten sich vor dem Denkmal, und eine halbe Stunde später war eine Gruppe von etwa zwanzig Leuten versammelt. Nicht viel, dachte Cecilia, wenn man bedenkt, wie riesig das Gelände ist, das abgesucht werden muss.
Secci erschien und gesellte sich noch müder als sonst zu der kleinen Gruppe. Rossi erteilte ihm einen Auftrag, und dieses Mal verstand Cecilia ihn. Rossi wollte, dass Gaetano Lotti festgenommen wurde. Er übergab dem Bankier eine schriftliche Order, die er irgendwann in der Nacht geschrieben haben musste.
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