Heiliger Bastard by Gwaltinger Xaver Maria/Rauch Josef

Heiliger Bastard by Gwaltinger Xaver Maria/Rauch Josef

Autor:Gwaltinger, Xaver Maria/Rauch, Josef
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783960411017
Herausgeber: Emons
veröffentlicht: 2016-09-26T00:00:00+00:00


43 Marlein und die jungfräulichen Seelen

Ich wollte mich vom Azzaro-Joe verabschieden. Er bemerkte meinen Missmut.

»Bleiben Sie doch noch, wir haben jetzt gleich eine kleine Josefs-Andacht mit Ordensmitgliedern. Falls Sie es noch nicht wissen: Der heilige Josef ist der größte Fürsprecher überhaupt, und wenn man berufliche oder private Probleme hat, wird einem garantiert geholfen, wenn man ihn intensiv darum bittet.«

Doch, das weiß ich schon, du Klugscheißer, dachte ich.

Bedenklich, wenn man mir schon ansah, dass ich berufliche und private Probleme hatte.

Eigentlich hatte ich überhaupt keinen Bock auf eine beschissene Andacht, aber andererseits hatte ich auch gerade nichts Besseres zu tun, und vielleicht schadete es ja nichts, sich diese Josefsbrüder mal anzugucken, vielleicht lugte ja bei einem von ihnen das gestohlene Reliquienkästchen aus der Jackentasche.

Also blieb ich sitzen.

Nach und nach trudelten ein knappes Dutzend Mitglieder des Ordens der Diener des heiligen Josef ein und begrüßten einander überschwänglich.

Die meisten trugen einen Bart, aber nicht alle.

Die, die keinen Bart trugen, hießen dafür wenigstens Josef.

Die Champs waren natürlich die, die sowohl einen Bart trugen als auch Josef hießen.

Der einzige Loser, der weder einen Bart trug noch Josef hieß, war ich.

Entsprechend wurde ich mit Nichtbeachtung und Ignoranz bestraft.

Aber war mir auch recht so. Wenn mich bei meiner unterirdischen Laune auch noch einer schwach angeredet hätte, hätte es leicht passieren können, dass ich mit einem Tritt dafür gesorgt hätte, dass er in den nächsten Wochen gezwungenermaßen eine keusche Josefs-Ehe führen musste.

Der Gottesdienst, oder was immer das werden sollte, wurde von Giuseppe geleitet.

Es begann damit, dass die ganze Männerschar voller Inbrunst ein Lied sang – vermutlich das legendäre einzige Josefslied aus dem Gotteslob:

»Sankt Josef, Spross aus Davids Stamm, gerecht und fromm im Leben!

Nach Gottes Plan ein Engel kam, Verheißung dir zu geben!

Nimm deine Braut; sie trägt den Sohn,

der herrschen wird auf Davids Thron

und der sein Volk erlöst.

Du nimmst den Ruf im Glauben an, erfüllst den Dienst mit Schweigen.

An deiner Hand wächst der heran, vor dem sich Engel beugen.

Er tritt aus deiner Hut heraus

und bleibt in seines Vaters Haus.

Und du erkanntest ihn.

Wie du Maria und ihr Kind in deinem Schutz geborgen,

wirst du, solang wir Pilger sind, für Christi Kirche sorgen.

Dass sie erstarke und gedeih

Und Christus in ihr mächtig sei:

Dazu, Sankt Josef, hilf!«

Dann folgte eine Predigt, gehalten natürlich vom Chef. In einer flammenden und mitreißenden Rede beschwor Giuseppe zunächst, dass der OSSJ mit der Zeit gehen und sich modernisieren müsse, und plädierte für die revolutionäre Innovation, auch Frauen in den Orden aufzunehmen – vorausgesetzt, sie hießen Josefa oder Josefine. Anschließend warnte er mit eindringlichen Worten vor der Idee einiger Mitglieder, der OSSJ könnte doch mit der KBJP, der Königlich-Bayerischen Josefspartei, fusionieren, da man damit die Trennung von Kirche und Staat, von Religion und Politik aushebeln würde. Man sei mit der KBJP freundschaftlich verbunden und unterstütze ihre politischen Forderungen wie die nach der Wiedereinführung des 19. März als gesetzlichem Feiertag, aber der OSSJ solle das bleiben, was er ist: das spirituelle Organ der Josefsverehrung.

Die Predigt wurde mit tosendem Applaus quittiert, und nach dem Hinweis, man werde sich im Anschluss noch auf einen



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