Fillory - Die Zauberer by Lev Grossman

Fillory - Die Zauberer by Lev Grossman

Autor:Lev Grossman [Grossman, Lev]
Die sprache: de
Format: mobi, epub
ISBN: 9783104009902
Herausgeber: Fischer E-Books
veröffentlicht: 2011-11-20T23:00:00+00:00


In diesem Winter fuhr Quentin in den Ferien nicht nach Hause. Um die Weihnachtszeit – die richtige Weihnachtszeit, draußen – führte er die übliche Diskussion mit seinen Eltern über den ungewöhnlichen Stundenplan in Brakebills, an den er sie jedes Jahr aufs Neue erinnern musste, während er in der alten Telefonzelle unter der Hintertreppe herumlungerte, einen Fuß gegen die Holzfalttür gestemmt. Als dann nach dem Brakebills-Kalender Weihnachten kam, war es in der wirklichen Welt bereits März und es schien nicht mehr so wichtig, zurückzukehren. Wenn sie ihn darum gebeten hätten, ja, wenn sie nur für einen Augenblick hätten durchschimmern lassen, dass sie ihn gerne sehen wollten oder enttäuscht wären, wenn er nicht käme –, hätte er vielleicht nachgegeben. Doch, das hätte er, und zwar sofort. Aber sie waren so unbekümmert, desinteressiert und oberflächlich wie immer. Außerdem verlieh es ihm ein Gefühl der Unabhängigkeit, ihnen kühl mitzuteilen, dass er andere Pläne habe, vielen Dank auch.

Stattdessen begleitete Quentin Alice nach Hause. Es war ihre Idee gewesen, obwohl sich Quentin kurz vor den Ferien nicht mehr sicher war, warum sie ihn eigentlich eingeladen hatte, da sie sich bei dem Gedanken daran höllisch unbehaglich zu fühlen schien.

»Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht!«, antwortete sie, als er sie nach dem Grund dafür fragte. »Ich dachte, Freundinnen und Freunde machen das eben so!«

»Ist ja egal, ich muss ja nicht unbedingt mitkommen. Ich bleibe einfach hier. Sag, ich müsste ein Referat fertigschreiben oder so. Wir sehen uns dann im Januar wieder.«

»Möchtest du denn nicht mitkommen?«, schluchzte sie entsetzt auf.

»Natürlich möchte ich. Ich möchte gerne sehen, wo du herkommst. Ich möchte, dass deine Eltern mich kennenlernen. Und ich werde dich mit Sicherheit nicht mit zu meinen Eltern nehmen.«

»Dann ist ja gut.« Sie klang jetzt schon weniger besorgt. »Versprichst du mir, dass du meine Eltern genauso hassen wirst wie ich?«

»Aber natürlich«, antwortete Quentin. »Vielleicht sogar noch mehr.«

Die Öffnung der Portale für die Heimkehr in die Ferien war stets eine knifflige und mühselige Angelegenheit, so dass sich unweigerlich eine große Menge von Brakebills-Studierenden mitsamt ihrem ganzen Gepäck in einer langen, unordentlichen Schlange aufreihten. Sie zog sich den engen, dunklen Gang entlang bis in den Hauptaufenthaltsraum, wo Professor Van der Weghe dafür sorgte, dass jeder an seinen Bestimmungsort gelangte. Alle waren erleichtert, dass die Prüfungen vorbei waren, und es gab immer viel albernes Gedränge und Geschubse, Gequietsche und das Knallen und Blitzen kleinerer pyrotechnischer Zaubertricks. Quentin und Alice warteten gemeinsam, schweigend, mit gepackten Koffern, ernsthaft, Seite an Seite. Quentin sah so respektabel aus, wie er nur konnte. Er besaß kaum noch Kleidungsstücke, die nicht zu seiner Brakebills-Uniform gehörten.

Er wusste, dass Alice aus Illinois stammte, und er wusste, dass Illinois im mittleren Westen lag, aber hätte die genaue Lage dieses Staates nicht mal in einem Umkreis von tausend Meilen bestimmen können. Außer einem Europa-Urlaub in der Mittelstufe hatte er die Ostküste kaum je verlassen, und seine Erziehung in Brakebills hatte nicht viel dazu beigetragen, seine Kenntnisse der amerikanischen Geographie zu verbessern. Aber wie sich herausstellen würde, sollte er kaum etwas von Illinois zu sehen bekommen, jedenfalls nicht von außen.



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