Fey 03: Der Thron der Seherin by Rusch Kristine Kathryn

Fey 03: Der Thron der Seherin by Rusch Kristine Kathryn

Autor:Rusch, Kristine Kathryn [Rusch, Kristine Kathryn]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-02-09T11:29:57+00:00


15

Die Ställe waren sauber und dufteten nach Pferden und frischem Heu. Tel holte tief Luft. Die Boxen standen leer und waren auf alles vorbereitet. Die preisgekrönten Zuchthengste des Königs – des früheren Königs – waren in den anderen Stallungen neben dem Dienstbotentrakt eingestellt. Tel hatte fast die ganze Arbeit allein gemacht. Zwei andere Stallburschen waren in das Palastgebäude abgezogen worden, um beim Putzen des Krönungssaals zu helfen. Tapio, der Erster Stallbursche geworden war, nachdem alle von Miruts Tod erfahren hatten, hatte ebenso hart geschuftet wie Tel, um die Ställe und den Hof für die Gäste der Krönungsfeier vorzubereiten.

Der Morgen war herrlich klar heraufgedämmert. Sonnenstrahlen funkelten auf den Regentropfen der letzten Nacht. Es hatte nur genieselt. Der Boden war feucht, aber nicht schlammig. Tel und Tapio hatten die Hengste bewegt, ohne sie noch einmal putzen zu müssen.

Tel hatte freiwillig angeboten, bei den Tieren zu bleiben, aber Tapio wollte nichts davon hören. Tel war inzwischen Tapios rechte Hand, jemand, auf den man sich an einem Tag wie diesem unbedingt verlassen konnte.

Er kehrte noch rasch vor der Stalltür die letzten Strohhalme zusammen, dann öffnete er die Türflügel. Bald stand die Sonne im Zenit, und dann mußten die ersten Gäste eintreffen. Bis dahin wollte Tel sich aus dem Staub gemacht haben.

Er hatte erwogen, ganz zu verschwinden, aber dann war er doch zu den Ställen zurückgegangen. Er war gern hier. Hier konnte er sich mit den Pferden beschäftigen und brauchte nicht über sein Leben nachzudenken. Die meiste Zeit vergaß er sogar, daß er ein Fey war. Er stand im Morgengrauen auf, kümmerte sich um die Pferde und ging erst lange nach Sonnenuntergang schlafen. Diese Arbeit ließ einem keine Zeit zum Nachdenken, und das gefiel Tel. Er sah zwar aus wie ein Inselbewohner, aber er war keiner.

Er war ein Doppelgänger, eine spezielle Waffe für Kriegszeiten. Doppelgänger benutzten das Blut ihres frisch getöteten Opfers, um dessen Lebenskraft in sich aufzunehmen und sich ganz in das Opfer zu verwandeln. Sie absorbierten die Erinnerungen, die Kultur und die äußere Erscheinung des Opfers. Tel war vorher ein einfacher Stallbursche gewesen, aber vor Jahren war er abkommandiert worden, die Geheimnisse des Rocaanismus auszuspionieren. Er war Ältester im Tabernakel geworden und auch an jenem schrecklichen Tag dabei gewesen, als der alte Rocaan starb. Sein Kollege, der Doppelgänger, der den alten Rocaan übernommen hatte, war auf qualvolle Weise zerschmolzen. Nur Tels Aussehen und schieres Glück hatten ihn vor dem gleichen Schicksal bewahrt.

So, das war der letzte Strohhalm. Tel wollte nicht ins Schattenland zurückkehren, um stehenden Fußes wieder in den Tabernakel geschickt zu werden. Deshalb war er zu den Ställen zurückgekehrt, wo er einst glücklich gewesen war, und hatte einen anderen Stallburschen übernommen. Seither hatte er hier als Inselbewohner in Frieden gelebt.

Wenn die Fey herausfanden, daß er noch am Leben war, würden sie ihn fürchterlich bestrafen.

Tel wollte nicht von den Fey entdeckt werden, und er wollte sich auch nicht mehr verwandeln. Seine letzte Verwandlung war gräßlich gewesen. Er hatte sich, immer noch in der Gestalt des Ältesten, auf das Gelände des Palastes geschlichen. Dann hatte er einen Diener getötet, in dessen Blut gebadet und einen jungen Stallburschen angegriffen.



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