Erinnermeinnicht (German Edition) by Schmid Stephanie

Erinnermeinnicht (German Edition) by Schmid Stephanie

Autor:Schmid, Stephanie [Schmid, Stephanie]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Books on Demand GmbH
veröffentlicht: 2022-07-05T16:00:00+00:00


26

Es hallte unangenehm laut in dem fast leeren Keller wider.

Valerie hatte weder etwas gesehen noch etwas anderes als den Umzugskarton berührt.

Doch es hatte sich angehört, als wäre ein Glas auf den Boden gefallen und zerbrochen.

Aber wie konnte das möglich sein?

Außer Valerie war niemand hier. Kein Mensch und keine Gläser, geschweige denn Regale, auf denen Gläser hätten stehen können.

Verstört drehte Valerie sich im Kreis, fest in der Annahme, sie hätte etwas übersehen und mit einer unbedachten Bewegung umgestoßen.

Doch weit und breit war nichts, das sie hätte runtergeworfen haben können. Zu allem Überfluss konnte Valerie nirgends auf dem Boden Scherben entdecken.

An welcher Windung ihres maroden Gehirns war sie nun schon wieder falsch abgebogen?

Noch bevor Mutlosigkeit und Verzweiflung abermals die Oberhand über Valerie gewinnen konnten, wurde sie plötzlich unfassbar wütend. Und dann geschah etwas, worauf Valerie schon lange gewartet hatte: Der ohnehin schon hauchdünne Faden ihrer Nerven riss und sie rastete aus.

»Du kannst mich mal!«, kreischte Valerie an ihren unsichtbaren Feind gerichtet, der überall um sie herum zu sein schien. In der Luft, die sie atmete, in den Mauern dieses Hauses und sogar in ihr selbst.

Sie trat wütend gegen den Karton, den sie zuvor noch penibel einsortiert hatte, drehte sich danach erneut im Kreis und suchte mit den Augen ihre Umgebung ab.

Valerie atmete tief durch und versuchte, rational an die Sache heranzugehen. Ein zerberstendes Glas war schlichtweg nicht im Bereich des Möglichen. Das bedeutete im Umkehrschluss aber auch, dass sie sich das Geräusch wieder nur eingebildet haben musste.

Eine weitere eher unwahrscheinliche Erklärung war, dass sich Einbrecher im Keller verschanzt hatten, die jetzt aus Versehen ein Glas hinuntergeworfen hatten, das sie sich zuvor aus der Küche mitgenommen hatten, weil sie durstig waren. Zu neunundneunzig Prozent schloss Valerie die lächerliche Variante aus, dass sich außer ihr noch jemand im Haus befand.

Bis sie hörte, wie die Scherben ZUSAMMENGEKEHRT wurden!

Es klang etwas gedämpft, aber es war eindeutig das typische Geräusch, das entstand, wenn Glasscherben auf dem Boden hin und her geschoben wurden.

Doch hier unten war niemand außer Valerie selbst!

Was war das bloß für ein Haus?

Valerie glaubte nicht an Geister oder andere übersinnliche Phänomene, aber jetzt war definitiv der Moment für Panik gekommen.

Sie rannte nach oben und suchte ihr Handy. Stefan musste sofort kommen! Sie konnte hier keine weitere Minute allein bleiben.

Als sie ihr Smartphone auf dem Wohnzimmertisch gefunden hatte, wählte sie mit zitternden Fingern seine Nummer. Es klingelte ein paar Mal und dann sprang die Mailbox an. Valerie rutschte das Herz in die Hose.

Sie sah auf die Uhr. Halb zwölf. Wann wollte Stefan kommen? Er hatte sich für mittags angekündigt, aber keine Uhrzeit genannt. Valerie konnte nur hoffen, dass »mittags« für ihn zwölf Uhr bedeutete.

Sie setzte sich auf die Couch im Wohnzimmer und schlang die Arme um die Knie.

Dr. Zauner hat Recht, dachte Valerie und spürte, wie sich die ersten Tränen der Verzweiflung und der Angst den Weg durch ihren Tränenkanal bahnen wollten. Aber das würde sie jetzt auf keinen Fall zulassen, denn dann wäre es um sie geschehen und der Nervenzusammenbruch wäre vorprogrammiert.

Valerie wurde von der Türklingel aus ihren Gedanken gerissen.



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