Entfesselter Tod (German Edition) by Marcus Johanus

Entfesselter Tod (German Edition) by Marcus Johanus

Autor:Marcus Johanus [Johanus, Marcus]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller
veröffentlicht: 2017-08-21T22:00:00+00:00


27

Ron Frey öffnete die Augen. Sein Schädel dröhnte und war schwer. Alles wirkte verschwommen und gedämpft. Er fühlte sich wie damals, als er nach seiner Bypass-Operation aus der Narkose erwacht war.

Nur dass diesmal alles auf dem Kopf stand.

Außerdem konnte er sich nicht bewegen.

Er steckte in einer Zwangsjacke, war kopfüber mit Ketten gefesselt und schwebte etwas mehr als anderthalb Meter über dem Boden. Neben ihm glitzerte Wasser. Viel Wasser. Es befand sich in einem großen, kugelförmigen Becken, das Ron von Chris’ früheren Bühnenshows nur zu gut kannte.

»Dang it!«

Die Gestalt mit der schwarzen Maske, die ihn in seinem Bett mit einer Spritze betäubt hatte, fummelte an einer Videokamera herum, die auf einem Stativ in dem weiß gefliesten Raum stand, rund drei Meter von ihm entfernt. Daneben stand ein aufgeklapptes Notebook auf dem Boden.

Natürlich hatte Ron die Nachrichten verfolgt. Er hatte das Video von diesem armen Mädchen gesehen. Deswegen wusste er genau, was ihn erwartete.

Die Medien nannten den Killer Houdini. In Ron sträubte sich alles dagegen, diesem Schwein diesen großen Namen zu überlassen. Harry Houdini hatte die Branche, mit der er seinen Lebensunterhalt verdiente, ins Leben gerufen. Der echte Houdini war ein begnadeter Künstler und Geschäftsmann gewesen. Ein Held, der sich mit eiserner Disziplin vom Nobody zum Superstar hochgearbeitet hatte.

Die Zeitungen hatten Chris früher auch den neuen Houdini genannt. Es widerte Ron an, dass die Presse den Spitznamen nun für einen Serienkiller verwendete. Er hatte nicht den blassesten Schimmer, wer hinter der Maske steckte. Aber Chris war es auf keinen Fall.

Der Killer sah zu Ron.

»Ah, da bist du ja wieder. Ich habe schon befürchtet, du wachst gar nicht mehr auf. Hätte gedacht, du verträgst mehr von dem Betäubungsmittel. Aber jetzt können wir endlich anfangen.«

Der Maskierte drücke einen Knopf an der Kamera. Ein kleiner roter Punkt leuchtete auf.

»Du verdammter Schwanzlutscher machst mich sofort los!«, brüllte Ron.

Sein Kopf wurde von Sekunde zu Sekunde klarer. Sein Puls pochte laut hinter seinen Schläfen. Ron kannte diesen unregelmäßigen Rhythmus. Nicht gut.

»Schwanzlutscher?«

Aha. Da hatte er einen Nerv getroffen.

»Ja, Schwanzlutscher, mach mich los und wir klären das hier wie Männer.«

Die schwarze Maske verdeckte das Mienenspiel des Killers. Ron konnte trotzdem an den Augen ablesen, was in dem Mann vor sich ging. Sie wanderten hin und her. Ron fühlte, wie der Kerl drauf und dran war, ihn loszumachen, um auf ihn einzuprügeln.

Wenn der Maskierte das tat, würde er eine Überraschung erleben. Es war schon eine Weile her, dass Ron im Ring gestanden hatte. So unter Strom wie jetzt konnte er trotzdem noch ganz schön austeilen, vermutete er. Hoffte er.

Sein Herz würde einen Kampf nicht lange aushalten. Aber es sah danach aus, dass er sowieso dem Tod geweiht war. Dann wollte er lieber bei einem Faustkampf sterben und dem Weichei mit der Maske vorher noch ein paar Zähne ausschlagen. Das war immer noch besser, als am Haken baumelnd zu verrecken. Wie eine Rinderhälfte.

Ron fürchtete sich nicht vor dem Sterben und vor Schmerzen. Er hatte schon häufiger auf der Schwelle zum Jenseits gestanden. Drei Herzinfarkte. Ein beinahe tödlicher Motorradunfall als Jugendlicher.

Schon lange hatte Ron sich damit abgefunden, dass er irgendwann abtreten musste.



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