Drei Männer, Küche, Bad by Kristina Günak

Drei Männer, Küche, Bad by Kristina Günak

Autor:Kristina Günak
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
veröffentlicht: 2015-11-12T16:00:00+00:00


Kapitel 20

Der Geruch von Mann und Rotwein

Matze auch nicht. Was einem Wunder gleicht. Sein Gesichtsausdruck friert vorübergehend in »freundlich« ein. Verdammt! Das war nicht geplant. Meine Mutter stößt tatsächlich einen kurzen Freudenruf aus und zeigt damit, wie wenig ich in ihrer Welt ohne repräsentablen Mann an meiner Seite zähle. Aber der sichtbare Enthusiasmus währt nur kurz, dann hat sie sich wieder im Griff und schüttelt Matze begeistert die freie Hand. An der anderen klammere ja immer noch ich. Sie hat die Trennung von Jörn wohl irgendwo in ihrem Gehirn registriert, aber da sie ihn kaum kannte, war er ihr eigentlich auch ziemlich egal. Aber nun habe ich endlich einen Freund mitgebracht, und das findet sie natürlich ausgesprochen prima, wenn nicht sogar brillant. Zumal er schon rein optisch ihren Vorstellungen eines idealen Schwiegersohnes entspricht. Sie ist da wirklich ein wenig oberflächlich.

Die sich um sie scharenden Herren betrachten mich und Matze derweil höchst interessiert. Ich kenne jeden einzelnen, und das schon, seit ich ein kleines Kind war. Allerdings war ich in diesen besonderen Kreisen vollster Volljuristen immer ein wenig das Mängelexemplar. Ich war nämlich nie gut in der Schule, während alle anderen Juristenabkömmlinge direkt nach dem Kindergarten auf Eliteschulen geschickt wurden. Die konnten alle schon fließend Mandarin sprechen, da war das kleine Einmaleins immer noch ein Mysterium für mich. Und ich hatte noch nicht einmal mein BWL-Studium abgebrochen, da haben deren Sprösslinge schon die erste Million verdient. Vielleicht waren es auch drei, ich bin mir nicht mehr so sicher. Die waren alle nämlich nicht nur besonders gut, sondern auch außerordentlich schnell. Das Einzige, was ich immer gut konnte, war nicht aufzufallen und Mamas Dackel Leander zu hüten.

Ich hoffe, dass ich nachträglich nicht doch noch rot werde ob meines sonderbaren Täuschungsversuchs, und schiele aus dem Augenwinkel zu Dr. Hageborn hinüber, der Matze in ein angeregtes Gespräch über Versicherungsstatistik verwickelt hat. Dr. Hageborn könnte auch über die Wuptität des Mondes oder Verdauungsprobleme bei Deichschafen sprechen. Ich glaube, er war die menschliche Vorlage für Wikipedia. Matze zwinkert mir zu, lächelt ein wenig schief, und ich erkenne, dass er mir nicht böse ist.

Interessant ist allerdings, dass wir uns beide keine allzu große Mühe geben müssen, den Schein zu wahren. Entweder sind wir beide großartige Schauspieler, was dann zumindest bei mir ein neu entdecktes Talent wäre, oder es ist irgendwie der natürliche Lauf der Dinge, dass Matze zwischendurch den Arm um mich legt und ich mein Tiramisu mit ihm teile (das übrigens jedes Jahr der einzige Lichtblick dieser Dinnerpartys ist, und ich hätte es bisher mit niemandem geteilt). Als ich, ebenfalls wie jedes Jahr, versuche, ein paar Pseudointeressierten zu erklären, was ein Blog ist, kommt Matze mir zu Hilfe und erklärt im Brustton der Überzeugung, was für eine kompetente Bloggerin ich sei und welche hochkarätigen Werbekunden ich hätte.

»Das ist ein Tierladen aus dem Internet und nicht das KaDeWe. Und der andere Werbekunde ist ein Onlineportal für Hundezubehör und Lederleinen. Die sind alles, aber nicht hochkarätig. Die haben mir das letzte Mal eine pinkfarbene Leine aus Plastik geschickt.



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