Drachenmagier by Margaret Weis; Tracy Hickman

Drachenmagier by Margaret Weis; Tracy Hickman

Autor:Margaret Weis; Tracy Hickman
Format: mobi
ISBN: 9783404202607
Herausgeber: Bastei-Lübbe
veröffentlicht: 2009-07-16T12:53:12+00:00


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Kapitel 18

Surunan, Chelestra

Der Gedanke an die Bibliothek der Sartan ließ Alfred nicht mehr los, verfolgte ihn wie der Geist in einem Schauerroman, berührte ihn um Mitternacht mit der kalten Hand im Gesicht und winkte mit dem gekrümm­ten Finger aus dem staubigen Schatten moosgrüner Samtportieren, um ihn ins Verderben zu locken.

»Unsinn«, sagte er dann zu sich selbst, drehte sich auf die andere Seite und versuchte, den Geist dadurch zu bannen, daß er ihn in der Gruft des Schlafs begrub.

Das half für die Nacht, aber das Schemen heftete sich auch tags hartnäckig an seine Fersen. Alfred saß beim Frühstück und vollzog das Ritual der allmorgendlichen Floskeln, während er in Wirklichkeit an nichts anderes denken konnte als an Ramu, der das bewußte Fach in­spizierte. Was befand sich darin, das niemand wissen durfte?

»Neugier. Unbeherrschte Neugier«, rügte Alfred sich. »Samah hat recht. Ich habe viel zu lange unter Nichti­gen gelebt. Mir geht es wie dem Mädchen in der Ge­schichte, die Grams Kinderfrau ihm oft erzählte. ›Du darfst jeden Raum des Schlosses betreten, nur nicht die verschlossene Kammer am Kopf der Treppe.‹ Und ist die dumme Person zufrieden mit den übrigen einhun­dertvierundzwanzig Zimmern im Schloß? Nein, sie kann nicht essen, nicht schlafen und findet keine Ruhe, bis sie die Tür zu der verbotenen Kammer geöffnet hat. Genauso geht es mir. Die verbotene Kammer lockt. Aber ich werde mich hüten! Ich werde keinen Gedanken mehr daran verschwenden. Ich will zufrieden sein mit den anderen Zimmern, die voller Schätze sind. Und ich will glücklich sein. Ich will glücklich sein.«

Leichter gesagt als getan. Mit jedem Tag, der verging, fühlte er sich unglücklicher. Zwar versuchte er, seine zunehmende Ruhelosigkeit vor Gastgeber und Gastge­berin zu verbergen – mit Erfolg, bildete er sich ein. Samah beobachtete ihn aufmerksam, wie ein Geg ein defektes Überdruckventil des Allüberall, von dem er nicht weiß, wann es explodiert. Eingeschüchtert von Samahs übermächtiger Persönlichkeit, gedrückt vom schlechten Gewissen desjenigen, der weiß, daß er et­was falsch gemacht hat, verhielt Alfred sich unterwürfig und still in der Gegenwart des Archonten und wagte kaum, den Blick zu dessen strengem, unnachgiebigem Gesicht zu heben.

Während Samahs Abwesenheit jedoch fühlte Alfred sich freier. Meistens blieb Orla zurück, um ihm Gesell­schaft zu leisten, was er sehr genoß, außerdem gebär­dete sich sein Quälgeist dann nicht annähernd so auf­dringlich wie bei den seltenen Gelegenheiten, wenn er sich selbst überlassen war. Nie kam Alfred auf den Ge­danken, sich zu wundern, daß man ihn kaum mehr al­lein ließ, oder daß Orla nicht ebenso wie Samah zu Ratsversammlungen gerufen wurde. Er dachte nur, daß es lieb von ihr war, ihm soviel Zeit zu opfern, und fühl­te sich deshalb um so elender, wenn das Phantom der Bibliothek ihn wieder einmal in den Klauen hatte.

Alfred und Orla saßen auf der Terrasse, Orla mit ei­nem von Samahs Gewändern, über dem sie die Schir­mungsrunen sang und gleichzeitig mit den Fingerspit­zen auf den Stoff zeichnete. In jedes Sigel legte sie die ganze Liebe und Achtung, die sie für ihren Gemahl empfand.

Alfred sah ihr zu, und ein Gefühl der Traurigkeit er­griff von ihm Besitz.



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