Drachengift by Heitz Markus

Drachengift by Heitz Markus

Autor:Heitz, Markus
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Piper Verlag
veröffentlicht: 2015-11-30T16:00:00+00:00


Juni 1927, Lucca (nahe Florenz), Königreich Italien

Ulrika Mang war auf der Rückbank ihres geräumigen »Superfiat« umlagert von Büchern, in denen vollgekritzelte Zettel als Lesezeichen steckten, während sie der Chauffeur von Florenz erschreckend rasant nach Lucca kutschierte.

Der V12-Motor blubberte und trieb den schweren Wagen voran, von dem ihr der Fahrer begeistert vorschwärmte, dass es die einzige bella macchina auf der Welt mit einem Zwölfzylinder sei.

Mang interessierte es nicht. Sie steckte gedanklich in ihrer Recherche.

In der Literatur, die sie sich aus den Münchner Archiven und Bibliotheken besorgt hatte, kamen verschiedenste Bestiensäulen vor, meistens nur in Nebensätzen, die die gestalterische Bedeutsamkeit und Raffinesse des romanischen Mittelalters unterstrichen.

Kein Wort, ob es Fälle gab, in denen die Säulen hohl sind. Sie hatte sich nach Rücksprache mit Monsignore Lorenz jene Exemplare aus den Büchern ausgesucht, die ihr am bedeutsamsten erschienen, und würde die Orte samt der Pfeiler nun gründlich untersuchen.

Der Wagen bog ab, fuhr durch das alte Stadttor von Lucca und trug sie durch das wunderschön anzuschauende Städtchen, das seinen alten Kern ohne eine bauliche Veränderung erhalten hatte. Manchmal waren die Kurven derart eng, dass das lang gestreckte Automobil rangieren musste. Sein Zwölfzylinder brachte dem Chauffeur gar nichts, der lebhaft auf Italienisch fluchte, von porca miseria bis Madonna mia.

Der Auftrag des Officium Draconis, die Freisinger Bestiensäule zu untersuchen, war in der vollständigen Zerstörung des Doms gegipfelt, der Mang und einige andere Besucher sowie das Dompersonal entkommen waren. Die Zahl der Vermissten belief sich auf zwanzig, drei Dutzend Verletzte hatte man bereits aus den Ruinen geborgen.

Lorenz ließ einen Trupp Georgswächter gezielt nach dem Pärchen, den Asiaten und den Resten der Säule suchen. Sie brauchten den Grund für die Zerstörung.

Der Monsignore hatte Mang unverzüglich auf die Suche nach weiteren Säulen geschickt und ihr Budget aufgestockt. In Lucca würde sie zudem ein Aufpasserteam erwarten, falls es einen weiteren Angriff geben sollte.

Der Wagen hielt vor der Kathedrale San Martino.

Das Gebäude des Erzbistums Lucca stammte aus den Jahren des ausgehenden 12. Jahrhunderts und passte von der zeitlichen Einordnung perfekt zum Freisinger Dom.

Mang schuf sich eine Schneise durch die umherliegenden Bücher, stieg aus und betrachtete die eindrucksvolle, aufwendige Fassade.

Die gesuchten Objekte sprangen ihr sofort ins Auge, auch wenn sie dazu den Blick heben musste. Hatte der außergewöhnliche und einzigartige Pfeiler in Bayern in der Krypta gestanden, bildeten gleich mehrere Bestiensäulen zusammen mit anderen kunstvoll ornamentierten Säulen die meterhohen weißen Fassadengalerien des Domes. Schon mit bloßem Auge erkannte man die verschiedenen kunstvollen Malereien, Verzierungen und Steinmetzarbeiten an den Pfeilern. Ähnlich wie bei den Stufen einer Pyramide wurden die Galerien nach oben hin kürzer.

Ich werde klettern müssen. Dann entdeckte sie Türen, die zu den Säulen führten. Zwischen Fassadenmauer und vorgeschobenen Pfeilern schien es einen schmalen Gang zu geben.

Ein Mann und eine Frau lösten sich aus dem Schatten des linken Eingangsportals und zeigten Mang ihre Officium-Ausweise. Er trug einen schlichten Anzug, sie einen knielangen schwarzen Rock mit weißer Bluse.

»Willkommen in Lucca, Signora Dottoressa«, sagte die Frau auf Deutsch mit südländischem Akzent. »Mein Name ist Vittori, das ist Scalzi. Wir stehen Ihnen als hiesige Assistenten zur Verfügung, solange Sie Ihre Untersuchungen in unserer Stadt vornehmen.



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