Die weise Frau by Philippa Gregory

Die weise Frau by Philippa Gregory

Autor:Philippa Gregory
Die sprache: de
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-01-14T23:00:00+00:00


16

Nach dem Essen behielt der alte Lord Alys bei sich. Er hatte per Boten einen Brief von seinem Cousin in London erhalten. Der Mann war durch die Schneeverwehungen auf der Great Northern Road nur langsam vorangekommen. Die Nachricht, die er brachte, war eine Woche alt. Aber Klatsch und Gerüchte sind langlebig. Lady Jane Seymour hatte jetzt eigene Gemächer im Palast von Greenwich — genauso prächtig wie die der Königin. Rochford, der Bruder der Königin, sollte den Hosenbandorden nicht bekommen. Die Ehre wurde anderweitig vergeben. Der König hatte den ganzen Abend mit Lady Jane Seymour getanzt. Der König und die Königin sollten gemeinsam das Turnier zum ersten Mal besuchen, aber bei Hof brodelten die Gerüchte über einen Streit zwischen König und Königin, bei dem sie die kleine Prinzessin Elisabeth nackt ausgezogen und ihm unter die Nase gehalten und gefragt hatte, ob er irgendeinen Makel an ihrem drallen kleinen Körper finden könnte. Ein weiteres vollkommenes Kind würde dem ersten folgen, schwor sie. Aber der König hatte sich abgewandt.

Alys las ihm den Brief vor und verbrannte ihn dann auf seinen Wink. Ein weiterer Brief kam vom College of Heralds. Lord Hugh wollte eine Ergänzung seines Wappens, um seinen neuen Enkel zu begrüßen. Für ein solches Gesuch gab es einen Präzedenzfall in Catherines Familie, und das College kabbelte sich um die Rechtmäßigkeit des Anspruchs und den Preis, der für den zusätzlichen Glanz auf Hughs Namen bezahlt werden müßte. Ihre Forderungen quittierte er mit einem Kopfschütteln. »Ich muß vor meinem Ehrgeiz auf der Hut sein«, sagte er. »Schau, wohin die Boleyns mit ihrem Ehrgeiz gekommen sind, Alys. Der sicherste Platz ist die Mitte der Halle. Nicht zu nahe am höchsten Tisch.«

Ein Pachtvertrag aus Bowes war zur Begutachtung vorgelegt worden. Ein Pächter wehrte sich gegen eine Änderung seines Vertrages von gelegentlichen Gebühren zu jährlicher Pacht. Er wollte seine Gebühren in Naturalien bezahlen, aber das Schloß war auf Bargeld aus. Alys las den mittelalterlichen lateinischen Text des Vertrages langsam vor und stolperte immer wieder über die archaischen Worte. Lord Hugh beobachtete die Flammen im Kamin, anfangs konzentriert, doch irgendwann fielen ihm vor Erschöpfung die Augen zu. Alys las ein paar Sätze weiter, dann legte sie das Pergament beiseite und sah ihn an. Er schlief tief und fest.

Sie erhob sich vorsichtig aus dem Stuhl und ging leise zu der Schießscharte in der nach Westen ausgerichteten Wand und schaute hinunter. Unter ihr, auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses, sah sie Lady Catherine unbeholfen gehen, in Pelze gewickelt, eine Hand auf Hugos Arm. Er hatte sich zu ihr gebeugt. Selbst auf die Entfernung erkannte Alys, mit welcher Bewunderung Catherine zu Hugo aufsah.

Der alte Lord döste vor sich hin, das Feuer knisterte im Kamin. Alys beobachtete, wie Hugo Catherine über die schlammigen Stücke des Weges half. In einiger Entfernung folgte Morach, mit einem Korb über dem Arm, und Eliza Herring an ihrer Seite. Die anderen Damen waren anscheinend im Haus geblieben. Den Abschluß bildeten zwei bewaffnete Diener zu Pferd. Hugo ging kein Risiko ein, was die Sicherheit seiner Frau und seines ungeborenen Sohnes betraf.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.