Die Tochter des Kardinals by Stefan Fandrey

Die Tochter des Kardinals by Stefan Fandrey

Autor:Stefan Fandrey [Fandrey, Stefan]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-8387-2126-2
Herausgeber: Lübbe Digital
veröffentlicht: 2013-04-10T16:00:00+00:00


19

Wenige Tage später, an einem lauen Abend, saß ein Mann in einer Taverne an der Piazza Santa Maria im Viertel Trastevere. Er orderte Wein, Brot und Käse, aß und trank langsam und genussvoll. Er zog seinen schwarzen Hut mit der breiten Krempe tief ins Gesicht und wartete.

Ein Dutzend Gäste gaben sich hier ein Stelldichein – Trunkenbolde, Huren und andere zwielichtige Gestalten. Die Luft war erfüllt von Gelächter, Schweiß, lüsterner Gier und Gewürzen. In einer Ecke stritten zwei betrunkene Spieler um die Würfel. Am Tisch daneben saßen zwei Juden, zu erkennen an den halbkugelförmigen gelben Hüten mit breiter Krempe und einem Knauf auf der Spitze. Vermutlich waren es Kaufleute.

Der einsame Gast beobachtete die Gesellschaft aufmerksam. Hin und wieder überprüfte er den Sitz von Pistole und Dolch unter seinem schwarzen Umhang.

Zu später Stunde öffnete sich die Tür, und ein unscheinbar gekleideter Mann trat ein. Sein Blick wanderte durch die Taverne, bis er auf den schwarz gekleideten Gast fiel. Er ging zu ihm hinüber und setzte sich an dessen Tisch.

»Ihr kommt spät, Eminenz«, sagte der Wartende.

»Nenn mich nicht Eminenz, Carbone!«, raunte der verkleidete Kardinal.

»Wie Ihr wünscht«, sagte Carbone ohne Regung in seinem kantigen Gesicht.

Der Kardinal sah sich um, doch niemand schien mitgehört zu haben. »Hör mir zu«, sagte er, und Carbone rückte ein Stück näher heran. »Es ist an der Zeit. Noch heute Nacht entledigen wir uns Pozzis.«

Mitten in die Unterredung hinein platzte der Wirt, ein dürrer Geselle mit schütterem Haar und Knollennase. »Seid willkommen«, sprach er den Kardinal an. »Was darf ich Euch bringen? Wein, Bier, Kerbelsuppe, gebratene Ente? Etwas Dinkeleintopf. Den müsst Ihr kosten, sage ich Euch. Ein wahrhaft himmlischer Genuss.«

»Habt Dank«, sagte der Kardinal, ohne den Wirt eines Blickes zu würdigen. »Mein einziger Wunsch ist, nicht gestört zu werden.«

Der Wirt kniff die Augen zusammen. »Wenn Ihr die Gastfreundschaft dieses Hauses genießen wollt, müsst Ihr etwas bestellen!«

Nun sah der Kardinal auf. Kalte, dunkle Augen fixierten den Wirt, sodass dieser unwillkürlich zwei Schritte zurücktrat.

»Hörst du nicht?«, fragte Carbone. Er zog seinen Umhang ein Stück zur Seite und gab den Blick auf seine Waffen preis. »Wir wollen ungestört sein. Nun geh!«

Wie ein geprügelter Hund trollte sich der Wirt hinter seinen Tresen.

»Wie gehen wir vor?«, fragte Carbone.

»Pozzi kann seinem Schicksal nicht mehr entrinnen«, sagte der Kardinal. »Wenn er erfährt, dass all sein Gold und Silber verloren ist, rennt er unweigerlich zu dem einzigen Mann, der ihm noch helfen könnte. Da dieser ihm unter keinen Umständen Unterstützung gewähren wird, kommt es womöglich zu einer Auseinandersetzung, bei der Pozzi jedoch nur der Unterlegene sein kann.«

»Und sollte es nicht so weit kommen«, ergänzte Carbone, »wartet eine schöne Überraschung auf Pozzi, sobald er heimkehrt.«

»So sei es«, sagte der Kardinal mit einem kalten Lächeln. Er zog einen unscheinbaren Schlüssel hervor und reichte ihn Carbone. »Hiermit erhaltet Ihr Einlass in seinen Palazzo.«

Carbone nahm den Schlüssel entgegen und steckte ihn in eine Tasche an seinem Gürtel. »Meine Männer stehen bereit. Sie warten nur noch auf mein Zeichen.«

Der Kardinal beugte sich über den Tisch. »Ihr seid ein treu ergebener Mann, Carbone«, flüsterte er.



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