Die Tempelritter-Saga 06 - Der Klostermord. by Philipp Espen
Autor:Philipp Espen [Espen, Philipp]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Historischer Roman, Tempelritter, Mittelalter, Abenteuer, Ritter
ISBN: 978-3-95520-783-5
Herausgeber: dotbooks
veröffentlicht: 2015-04-20T16:00:00+00:00
*
Noch am selben Abend traf sich Henri mit Neville. Er berichtete von seinem Gespräch mit Javierre. Neville de Gwyn sah ihn an, als habe er einen Narren vor sich.
»Das kann ich kaum glauben, Henri. Warum sollte der Normanne so offen zu dir reden? Er liefert sich dir damit doch aus!«
»Das kann er nur, wenn er ganz genau weiß, dass ihm nichts passieren kann. Ebendies macht mir Sorgen.«
»Du meinst also, es stimmt, was er behauptet?«
»Ich befürchte es.«
»Unsinn. Der Mann macht sich doch nur wichtig. Wo sind die Beweise? Ich habe soeben vom Prior erfahren, dass Bruder Gautier, der Provinzialmeister von Irland, von ganz anderen Dingen berichtet hat. Man hat in Dublin normannische Kaufleute verhaftet, die mit falschen Gewichten betrogen. Man hat sie noch am gleichen Tag gehenkt. Wo also soll sie sein, die normannische Vorherrschaft?«
»Irland ist weit. Bis dorthin sind sie vielleicht noch nicht vorgedrungen mit ihren Plänen. Neville! Nimm die Sache ernst! Ich spüre, dass ein großes Unheil auf uns zuzieht.«
»Der Tempel soll fallen, wie? Das ist doch völlig lächerlich! Der größte und mächtigste geistliche Ritterorden des Abendlandes! Der Tempel ist in Frankreich die größte Macht. Selbst der König zittert vor dieser Macht.«
Henri sagte leise: »Vielleicht ist dies das wirkliche Problem.«
»Wie meinst du das?«
»Wie ich es sage. Denk darüber nach.«
»Noch einmal: Unsinn! Je mächtiger wir sind, desto unangreifbarer! Wie sollte das gehen? Selbst wenn ein unzuverlässiger John Sandys das Mauerwerk der Temple Church bröckeln lässt – mein Gott! Das sind doch nur kleine Gesten, das hat doch überhaupt keine Wirkung! Der Tempel ist auf anderen Grundfesten gebaut als auf Sand und Mörtel. Ich frage mich, warum du das vergessen hast, Henri de Roslin.«
»Ich habe es nicht vergessen. Aber ich bin in Sorge. Und ich erreiche dich einfach nicht, Neville. Das ist traurig. Bisher haben wir immer alle Bedenken geteilt.«
»Ach, ich habe es satt, jeden Tag von neuen Hiobsbotschaften zu hören. Womit beschäftigen wir uns eigentlich? Warum verbringen wir unsere Zeit nicht mit den Dingen, die zu unseren Pflichten gehören? Arbeiten, beten, kämpfen, uns für die großen Aufgaben unserer Zeit rüsten.«
Henri blickte den Freund an. »Ich will nicht streiten. Aber mir scheint, die Zeit zerreißt uns.«
»Ja, das tut sie.«
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