Die Stimme der Finsternis by Williams Tad & Hoffman Nina Kiriki

Die Stimme der Finsternis by Williams Tad & Hoffman Nina Kiriki

Autor:Williams, Tad & Hoffman, Nina Kiriki [Williams, Tad & Hoffman, Nina Kiriki]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-10-06T16:01:59+00:00


KAPITEL 9

Eine Einladung

Ach, beim allmächtigen Allah, ich war meiner eigenen Stimme niemals so überdrüssig, wie ich es nach weiteren neun Nächten war. Ich weiß, Ibn Fahad würde sagen, ich hätte niemals verstanden, wie überdrüssig alle anderen meiner Stimme werden – stimmt es nicht, alter Freund? Aber ich war ihrer müde, war es müde, die ganze Nacht hindurch zu reden, müde, in meinem Hirn nach Geschichten zu kramen, müde, den krächzenden Stimmen Walids und Ibn Fahads und Rehkitz’ zu lauschen; müde der Stimme Ibrahims, der mit dem frischen Schmerz desjenigen sprach, der sich unnütz fühlt, er, der seine Arbeit geliebt hatte und sie nun nicht länger leisten konnte. Die einzige Neuheit, und auch die war sehr schnell aufgebraucht, waren die seltenen Male, wenn Sossi mit sanfter Stimme sprach und Kurken das, was sie sagte, in holpriges Arabisch übersetzte (er lernte zwar unsere Sprache, angeleitet von Walid und den langen Nächten des Zuhörens, schien aber selbst keinerlei Gabe zum Geschichtenerzählen zu haben). Schon bald allerdings verblaßte selbst die Fremdartigkeit ihrer Geschichten. Und ich war der Feuchtigkeit sterbensmüde, der grauen, bedrückenden Berge, deren Himmel uns bei Tag nur wenig Licht spendete und die bei Nacht nur Schrecken bereithielten. Doch hätte ich liebend gern noch ein Jahr dieser Eintönigkeit gegeben für einen Weg aus diesen Bergen und aus den Fängen dieses Wesens heraus, das uns verfolgte. Die Frage war, wie lange wir noch weitermachen konnten, bevor unsere brüchig werdenden Stimmen und unser sinkender Mut versagten oder bevor unser Vorrat an Geschichten, der nun nahezu aufgebraucht war, bis auf den Grund des Kruges geleert war.

Wir stolperten wie Schlafwandler durch die Tage, konnten die Albträume nicht abschütteln, so daß es wirklich ein Wunder war, daß niemand von uns es den beiden unglücklichen Lanzenträgern nachtat und in Schluchten oder die Abhänge hinunter stürzte. Ich weiß nur, ich war viel zu müde, um auf meine eigenen Schritte zu achten, und heute kann ich nur glauben, daß Allah mich aus einem tieferen Grund heraus über diese einsamen Pfade geleitet hat – auch wenn Ibn Fahad wohl sagen würde, daß es selbst den Weisen ein Rätsel ist, um welchen Grund es sich dabei handeln mag.

Wir alle sahen nun den drohenden Schatten, der des Nachts außerhalb des Feuerscheins stand, wartete und lauschte. Vor allem Rehkitz, der junge Bursche, konnte kaum seinen Dienst beim Geschichtenerzählen erfüllen, so sehr zitterte ihm die Stimme. Selbst wenn er humorige Episoden zum besten gab, tauchten irgendwie Leichen darin auf, bis einer von uns ihm Einhalt gebot, die Geschichte übernahm und versuchte, sie in freundlichere Gefilde zu versetzen.

Abdallah wurde immer kälter und kälter, und er erstarrte wie ausgelassenes Fett. Das Wesen, das uns folgte, uns jagte, respektierte weder seinen Zynismus noch seine Mathematik und ließ sich auch durch alle Verachtung, die er aufbringen konnte, nicht vertreiben. Der dürre Oberbuchhalter versuchte gar nicht erst, mit uns den Erzählkreis aufrechtzuerhalten, sondern saß nur schweigend da und hielt sich unterwegs abseits. Trotz der fürchterlichen Gefahr, in der wir uns alle gemeinsam befanden, mied er unsere Gesellschaft so weit wie nur



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.