Die sexuellen Phantasien der Frauen by Nancy Friday

Die sexuellen Phantasien der Frauen by Nancy Friday

Autor:Nancy Friday [Friday, Nancy]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783105619131
Herausgeber: FISCHER Digital


Marina

Marina gehört weit mehr zu ihrem nomadisierenden Gesellschafts-Set als in ein bestimmtes Land. Jetzt lebt sie in London. Im letzten Jahr war sie in Paris. Ihr gegenwärtiger Liebhaber ist ein italienischer Bankier; der frühere war ein englischer Lord. Gemeinsam haben sie nur, daß beide nahezu dreimal so alt sind wie sie. Sie ist zwanzig. Ihre Mutter ist Französin, ihr Vater Schweizer, ihr Bankkonto groß. Für all die vielen Meilen, die sie in ihrem Leben zurückgelegt hat, ist sie unglaublich naiv. Sie spricht ein halbes Dutzend Sprachen und arbeitet bei einer Werbeagentur.

Ich habe schon in einem sehr frühen Alter angefangen zu masturbieren, mit drei Jahren, glaube ich, und zwar so häufig, daß meine Eltern einen Arzt zu Rate zogen. Als Kind dachte ich dabei immer an eine Lieblingsfreundin oder Spielkameradin oder an eine schöne Nachbarin, die ich damals sehr verehrte. Mit ungefähr neun oder zehn begann ich die Männer wahrzunehmen und beim Masturbieren an sie zu denken. Ich hatte eine verschwommene Vorstellung von Liebesszenen, aber die hörte schon beim Zungenkuß auf. Aufgeklärt wurde ich von einer ebenfalls zehn Jahre alten Freundin – im Mittelmeerraum werden die Kinder sehr früh reif –, deren Vater Gynäkologe war; daher war sie eindeutig au courant. Ich erinnere mich noch, daß wir an einem schwülen Sommertag auf dem Landsitz meiner Eltern an einem Bach saßen, Weintrauben aßen und endlos, fasziniert über Jungen, Jungen, Jungen, Liebe, Liebe, Liebe, Küssen, Schmusen, Knutschen sprachen … Dann fragte sie mich, ob ich wüßte, was sich wirklich zwischen Mann und Frau abspielte, und wie, und sie erklärte es mir, überdeutlich. Sofort dachte ich: Aber das muß ja genau wie das Masturbieren sein, nur daß da statt der gerollten Tücher, meinem Lieblingswerkzeug, saftiges, feuchtes Fleisch sein würde. Die Aussichten waren berauschend, und ich sonnte mich in einem herrlichen Nebel ungeahnter Möglichkeiten. «Und wenn du wirklich wissen möchtest, wie sich das anfühlt», fuhr sie fort, «mußt du dir eine Kanne holen, sie mit warmem, aber nicht zu heißem Wasser füllen, die Beine richtig schön breit machen und es ganz langsam hineingießen.» Wir verloren keine Zeit. Wir hasteten ins Haus, schnappten uns Mummys beste silberne russische Teekanne, schlossen uns im Badezimmer ein, setzten uns mit weit geöffneten Beinen einander gegenüber in die Badewanne und gossen uns abwechselnd den Inhalt der Teekanne über die Klitoris, während wir uns mit zielsicherer, instinktiver Verve die Körper streichelten. Ich sah mich abwechselnd als Mutter Erde, von einem Fruchtbarkeit bringenden Regen bewässert, bei einem Liebesritual in Ägypten oder Kreta und als autokratische Kaiserin, die bei Frühlingsanfang alle jungen Männer ihres Reiches ausprobiert, um sich zu erneuern. (Alle Männer waren schön; die anderen hatte ich umbringen lassen.) Was meine Freundin dachte, kann ich Ihnen nicht sagen, denn ich war ganz in mich selbst versunken. (Auf Bitte niedergeschrieben.)



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