Die Schlucht der freien Hunde by Konstantin Sergienko

Die Schlucht der freien Hunde by Konstantin Sergienko

Autor:Konstantin Sergienko
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Artem Verlag
veröffentlicht: 2013-11-15T00:00:00+00:00


Kapitel 12

Es geschah in

einer Nacht

Kater sind anders als Hunde. Kater legen sich nicht einfach irgendwohin, um zu pennen. Sie suchen sich ein gemütliches Plätzchen. Ich habe Yamomoto schon immer darum beneidet, dass er durch jedes Loch kriechen kann.

Ein Hund käme nie in den Keller, aber Yamomoto schläft dort, als wäre er in seiner eigenen Wohnung.

Doch Yamomoto hat auch allen Grund, mich zu beneiden. Ein Kater ist eben kein Hund. Wäre in jener Nacht ein Kater an meiner Stelle gewesen, hätte er seinem Menschen nicht beistehen können.

Ich kam gerade von der Nachtwache zurück. Gott sei Dank hat mich der Balkonkläffer noch am Sandhaufen aufgehalten.

Ich war ganz in Gedanken versunken, als ich plötzlich ein leises Flüstern vernahm:

„Hey, Kumpel!“

Ich hob den Kopf und sah die weiße Nase unseres Balkonkläffers durch die Balkonstäbe lugen.

„Hey, wart doch mal kurz!“, sagte er.

Ich hielt an und fragte, warum er nicht schimpft.

Der Balkonkläffer stieß einen Seufzer aus:

„Hab' keine Lust. Und wie ist es so auf der Straße? Ist es schön?“

„Sehr sogar“, sagte ich. „Komm doch runter und streun mit mir 'rum.“

„Ich kann nicht“, antwortete er. „Ich darf nur zum Balkon raus.“

„Bist du denn etwa kein richtiger Hund?“, fragte ich.

Der Balkonkläffer seufzte erneut.

„Meine Hinterpfoten sind zum Laufen zu schwach. Ich war lange krank und kann meine Pfoten kaum noch bewegen.“

Und dann begann der Balkonkläffer mich auszufragen: Wie das Gras in der Schlucht riecht, ob es Feldmäuse gibt und wohin der Bach fließt. Es gab nichts, was er nicht wissen wollte.

Ich bin ihm heute noch dankbar, dass er mich so lange aufgehalten hat. Am Sandhaufen führte ein Weg vorbei. Und auf diesem Weg kam mein Mensch.

Er ging vor sich hin und mein Herz schlug höher. Da kamen ihm plötzlich zwei finstere Gestalten entgegen.

„Hast du 'ne Kippe für uns?“, fragten sie.

Ich versteckte mich hinter dem Sandhaufen und wartete ab.

Mein Mensch suchte in seiner Jackentasche nach Zigaretten.

„Und Feuer?“

Er gab ihnen Streichhölzer.

„Wie spät ist es?“

„Spät“, antwortete mein Mensch und wollte gehen.

Aber sie ließen ihn nicht.

„Du kommst jetzt mit“, sagten sie. „Wir müssen reden.“

„Worüber?“, fragte er.

„Es gibt 'was zu klären.“

Da richtete sich mein Fell auf.

Die beiden führten Böses im Schilde.

„Lasst mich vorbei“, sagte mein Mensch.

„Du kommst jetzt mit“, sagten sie.

„Ich gehe nach Hause“, sagte er.

„Wir haben mit dir zu reden“, sagten sie.

Ich spannte mich wie eine Sprungfeder an. Sie sollten bloß wagen, meinem Menschen ein Haar zu krümmen.

„Lasst mich vorbei“, sagte mein Mensch.

Und sie stürzten sich auf ihn.

Was hätte mein Mensch ohne mich bloß gemacht? Wie der Blitz schoss ich aus meinem Versteck. Ich war blind vor Wut. In diesem Moment hätte ich gegen hundert Menschen antreten können. Ich stürzte mich erst auf den einen und dann auf den anderen. Sie fielen zu Boden und krochen auf allen Vieren davon. Ich sprang wie ein Wahnsinniger 'rum und biss um mich.

Sie bekamen es mit der Angst und schrien, ich hätte Tollwut. Auch der Balkonkläffer ließ mich nicht im Stich und bellte so laut er konnte.

„Ich beiße alle zu Tode. Ich reiß' euch in Stücke!“

Im Haus gingen die Lichter an und die Leute lehnten sich wütend aus ihren Fenstern.



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