Die Schicksalsseherin by Sarah Neumann

Autor:Sarah Neumann [Neumann, Sarah]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-12-01T16:00:00+00:00

Die Sondergenehmigung dieser Weltenkugel machte es wohl möglich, außerhalb der Weltenbibliothek zu landen, in der sonst alle Rückkehrer eintrafen, um die Kugeln an ihren rechtmäßigen Platz zurückzubringen. Die Kugel ließ uns genau auf der Hauptbrücke zum heiligen Lebensbaum in einer unruhigen Koboldmasse nieder, die panisch hinauf zum Ivar Quaoi blickte. Wir folgten ihren Augen und erschraken. Die zahlreichen Lichtfunken, die normal wie glühende Flammenfrüchte in der Krone hingen, hatten schwarze Auswölbungen bekommen, die wie flammende Lava wabernd ihr Volumen vergrößerten. Sein Blattwerk hatte stark abgenommen und eine matte Farbe erhalten. Wir bemerkten, dass einige Blätter in den Celeste-See gefallen waren und als wir uns über das Geländer lehnten, erkannten wir den See nicht mehr. Er hatte eine tiefschwarze Färbung angenommen und auf mich wirkte es fast so, als bewegten sich Haarsträhnen in seinen Tiefen, die nur darauf warteten, einen von uns hineinzuziehen.

»Es ist weitaus schlimmer, als ich befürchtet hatte«, flüsterte ich und Jimmy Lou nickte.

»Wir müssen etwas unternehmen«, stimmte er mir zu. »Hast du einen Plan?«

»Bringen wir dieses Haarmonster zum Alchemisten. Vielleicht findet er etwas heraus, das wir verwenden können, um das Ganze endlich abzuwenden«, meinte ich zu ihm und wir rannten los. Ich wusste nicht, ob das wirklich eine gute Idee war oder ob wir zuerst Arik‘Tel berichten oder lieber getrennt arbeiten sollten oder noch was anderes. Fest stand, dass wir was unternehmen mussten.

Meine Gedanken kreisten um Myriel, umspielten ihren Geist. Jetzt spürte ich deutlich ihren aufgeregten Herzschlag; sie war also am Leben. Aber ob sie auch in Sicherheit war? Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, ob sie heute in die Menschenwelt wollte oder nicht. Hoffentlich kam sie sicher hierher zurück und steckte nicht irgendwo fest. Durch die Schwächung des Ivar Quaoi vermochte sogar die Verbindung der Anderswelten unterbrochen werden, wie es auch bei Mias Weltenkugel der Fall war.

Plötzlich blieb ich stehen. Wie erstarrt stand ich einfach nur da und verbot mir zu glauben, was mein Kopf gerade dachte. Was, wenn nicht die Regenbögen kontaminiert worden waren, sondern unser Lebensbaum? Was, wenn diese Vergiftung ihre ersten Auswirkungen auf den Plantagen gezeigt hatte, und jetzt, wo sie nahezu ausgelöscht schienen, der Ivar Quaoi selbst zu verdorren begann?

»Was ist los? Komm«, zerrte Jimmy an mir, doch mein Körper bewegte sich nicht.

Wie sollten wir unseren Lebensbaum heilen? Das war ... vollkommen unmöglich! Plötzlich erinnerte ich mich an ihre Worte: »Ich bin mir sicher, dass es gefunden werden wollte. Gefährlich oder nicht: Wir müssen etwas unternehmen. Und wenn dieses Buch von Phalakin uns dabei helfen kann ...«

Ein Lächeln huschte mir über die Lippen. Wie konnte ich nur so leicht aufgeben wollen, wo sie so verbissen darum kämpfte? Bestimmt auch jetzt, wo immer sie war.

»Lass uns gehen, Jimmy, und versuchen, unsere Welt zu retten!«

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