Die rote Königin 03 - Der weiße Spieler by Juan Gómez-Jurado

Die rote Königin 03 - Der weiße Spieler by Juan Gómez-Jurado

Autor:Juan Gómez-Jurado [Juan Gómez-Jurado]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Goldmann Verlag
veröffentlicht: 2023-07-19T00:00:00+00:00


2

Eine Adresse

Jon schafft es, sich in Rekordzeit anzuziehen und beim Auto anzukommen, als sich Antonia gerade die Schuhe zubindet. Zu spät. Sie sitzt bereits hinterm Lenkrad. Und Jon war dumm genug, den Schlüssel steckenzulassen.

»Ich werde vorsichtig fahren«, verspricht sie ihm ernst, als sie ihn so dastehen sieht und er wahrscheinlich noch überlegt, ob er sie aus dem Wagen zerren soll oder nicht.

»Und du wirst die Tempolimits einhalten!«, präzisiert Jon, weil das nicht dasselbe ist.

»Und die Tempolimits einhalten.«

Jon glaubt ihr. Gegen jede Vernunft. Sofort. Als er um den Wagen herumgeht, die Beifahrertür öffnet, sich reinsetzt und anschnallt, wird ihm in einem Anfall von Hellsichtigkeit bewusst, dass sich sein Gehirn neu verdrahtet haben muss, wenn er Antonia Scott mit einem Mal so blind vertraut. Ähnlich wie sein Körper alles getan hat, um sie zu schützen. Einem Teil von ihm widerstrebt diese bedingungslose Ergebenheit. Zwar nicht ohne Grund, aber es hat auch etwas Kindisches, Kleinliches und Egoistisches, die eigenen Vorsätze zu missachten.

Um den Gedanken zu verscheuchen, knallt er die Tür zu.

»Gab es keine zweite Nachricht?«, fragt er und zeigt auf Antonias Handy auf dem Armaturenbrett.

Das ist für Jon die wichtigste Frage. Beim ersten Auftrag von White erhielten sie mit der ersten Nachricht die Adresse des Ortes, an dem ein Verbrechen begangen wurde, und mit der zweiten eine Frist von sechs Stunden.

Die Frage nach einer zweiten Nachricht beinhaltet zu erfahren, wie viel Zeit ihm noch bleibt.

Möglich, dass es zwei Sorten von Menschen auf der Welt gibt. Diejenigen, die ganz genau ihren Todeszeitpunkt wissen wollen und von dem dringenden Wunsch nach diesem Wissen getrieben sind. Mit einem anständigen Kotelett und ein paar Bieren im Magen hätte Inspector Gutiérrez auf den Tisch gehauen und ohne zu zögern behauptet, dass er zu dieser Sorte gehört. Achtundneunzig seiner hundert Kilos sind der kräftige Bursche aus dem Norden. Das winterliche Nacktbaden im Fluss, das Steineheben und die Drohung, jedem, der seine Mutter beleidigt, die Fresse zu polieren.

Aber.

Vielleicht würden die zwei Prozent, die sich zur postkoitalen Entspannung im Bett zusammenkauern, diese Behauptung noch einmal überdenken. Sie würden überlegen, ob es nicht besser sei, es nicht zu wissen, und damit den kräftigen Burschen aus dem Norden Lügen strafen.

»Bisher nur die eine«, antwortet Antonia und lässt den Wagen an.

Jon stellt fest, dass es ihm beträchtliche Erleichterung verschafft, wenn die Uhr nicht rückwärtsläuft und die Zahlen nicht immer kleiner werden.

Eine Bombe unter der Haut zu tragen eignet sich fantastisch dazu, sich selbst kennenzulernen, denkt Jon und notiert im Geiste, sich bei Mister White zu bedanken, sobald er ihn trifft.

Allerdings – denn Bilbao ist Bilbao und Bullen sind Bullen – antwortet der kräftige Bursche aus dem Norden entnervt:

»Wie schön. Wissen wir wenigstens schon, was wir haben?«

»Noch nicht. Mentor ist dran. Doch wenn er es herausgefunden hat, will ich einen Vorsprung haben.«

Für Jon knirscht etwas in diesem Satz.

Nicht die Worte an sich, sondern weil der Satz in derselben Frequenz vibrierte, als sie mit White telefonierte. Jon hatte nicht alles verstanden. Sein Englisch ist nicht besonders gut, Serien schaut er in der Synchronfassung. Aber er hatte genug aufgeschnappt.



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