Die Puppe an der Decke by Ingvar Ambjörnsen

Die Puppe an der Decke by Ingvar Ambjörnsen

Autor:Ingvar Ambjörnsen
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
Tags: Roman
veröffentlicht: 2014-06-10T22:00:00+00:00


12

Nina hielt auf der anderen Straßenseite und hob den Jungen aus dem Kindersitz. Der Wind ließ ihre Haare tanzen, als sie das Auto abschloss und zum Zebrastreifen ging. Sie trug Jeans und unter einer Lammfellweste einen dicken grünen Wollpullover. In der engen Straße herrschte reger Verkehr, sie betrachtete die Fenster des Fønix, hielt das Kind an der Hand und wartete auf Grün.

Rebekka winkte und Nina winkte zurück. Dann hob sie das Kind auf ihre Hüfte und zeigte über die Straße.

Wie alltäglich, dachte sie. Zwei Freundinnen treffen sich im Café. Das passiert auf der ganzen Welt, in jeder Stadt, an jedem Tag. Kaffee. Ein Stück Kuchen, vielleicht ein Butterbrot. Das leichte Geplauder oder die tiefen Herzensergüsse. Es ist so leicht.

Grün. Der grüne Mann, der zum Gehen auffordert.

Nina trug ihren Sohn über den Zebrastreifen und setzte ihn dann vorsichtig ab. Und dann waren die beiden erst wieder zu sehen, als sie in der Tür standen.

»Ich bin an der Stelle, wo die Straße eingebrochen ist, steckengeblieben«, sagte sie und zog dem Kind den Overall aus. »Tut mir Leid.«

»Ich habe nicht mal auf die Uhr geschaut«, sagte Rebekka. Sie begrüßte den Kleinen auf Babysprache, er lächelte zurück. »Der ist aber niedlich.«

»Er kommt nach seinem Vater.«

Sie gingen zur Vitrine mit den belegten Broten.

Rebekka dachte: das stimmt. Die Augen. Die Stirn. Als Erwachsener wird er schöne Hände haben.

Nina setzte sich und fuhr mit der Hand durch ihre vollen Haare. »Ich soll übrigens grüßen. Er findet es schön, dass ich jetzt eine Bekannte habe. Um ganz ehrlich zu sein, es war für mich nicht leicht, mich hier einzugewöhnen. Sogar meine Stimme hat bisweilen sehr darunter gelitten. Ich freue mich auf die Ausstellung.«

»Das ist ziemlich harter Tobak.« Rebekka lachte.

»Nur, damit du gewarnt bist.«

Nina aß gierig ihr mit einer Frikadelle belegtes Brot und sprach mit vollem Mund. »Ich kenne andere Bilder von ihm. Die sind wirklich reichlich bizarr, aber er hat eine Kraft, die mir gefällt. Die meisten Leute hier unten halten ihn für ziemlich verrückt, aber etwas anderes wäre ja wohl kaum zu erwarten.«

»Und ich glaube, ihm gefällt das recht gut.«

»Kennst du ihn?«

Rebekka schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn vor einiger Zeit von Holmestrand mit nach hier genommen, als er per Anhalter unterwegs war. Und hier läuft man sich ja ab und zu über den Weg. Wir haben zweimal zusammen gegessen.«

Nina hob die Augenbrauen. »Ach was!«

»Aber nein, ganz ruhig. Ich weiß ziemlich genau, was meine jetzige Freiheit wert ist. Und außerdem wirkt er auf irgendeine Weise total neutral in Bezug auf … ich weiß nicht.«

»Scharfer Typ. Hältst du ihn für schwul?«

»Nein, das glaube ich eigentlich nicht. Aber ab und zu frage ich mich, ob er überhaupt irgendetwas ist. Er ist enthusiastisch, großzügig, aber in mir sucht er einwandfrei nur eine Gesprächspartnerin.«

»Vielleicht geht er ja nur ein bisschen geschickter vor als die breite Masse?« Nina lächelte.

Rebekka gab sich Feuer. »Wenn er so geschickt ist, dann soll er auch zum Zuge kommen. Ein-oder zweimal.«

Sie lachten.

»Du siehst ein bisschen erschöpft aus, meine Liebe. Deine Augen kommen mir so müde vor.«

»Ich finde, du siehst müde aus, Nina.



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