Die Piratin by Annemarie Nikolaus

Die Piratin by Annemarie Nikolaus

Autor:Annemarie Nikolaus
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-12-07T16:00:00+00:00


Doch man brachte sie nicht zu Margoro, sondern in den Kerker vor den Toren der Stadt. In einem kalten fensterlosen Kellerverlies zog man ihnen die Schuhe aus und dann wurden sie mit eichenen Zwingen nebeneinander an die Wand gefesselt. Sie waren so hoch angebracht, dass Nanja den Boden gerade noch mit den Fußspitzen berühren konnte.

Von irgendwo kam das Geräusch tropfenden Wassers. Nanja zählte die Platscher, um in der Dunkelheit das Gefühl für die Zeit nicht zu verlieren. Sie fror und nach einer Weile begannen ihre Gelenke zu schmerzen. Irgendwann konnte sie sich nicht mehr auf den Zehen halten und sie sackte in die Fesseln, sodass es ihr fast die Arme auskugelte. Dann hörte sie auf zu zählen. Als sie nach Ron rief, antwortete er nicht.

Lärm und laute Stimmen schreckten sie aus ihrem Dämmerzustand. Die Tür wurde aufgerissen und das grelle Licht mehrerer Fackeln blendete sie für einen Moment. Sie kniff die Augen zusammen und sah zu Ron. Er erwiderte ihren Blick. Warum hatte er ihr zuvor nicht geantwortet?

»Da habt ihr die Oberhexe zu eurer Gesellschaft«, rief eine spöttische Stimme.

Soldaten in der dunklen Tracht der Aharons-Mönche stießen Sondria die Stufen hinab. Sie stolperte und schlug mit dem Gesicht gegen die Türkante. Als sie gepackt und an die Wand gegenüber gekettet wurde, schien sie bewusstlos zu sein.

Also steckte gar nicht Margoro dahinter. Nanja erschauderte bei dem Gedanken, was sie erwartete.

Aber wer hatte sie ausgeliefert? Wribald? Außer Margoro kannte nur er Sondrias Herberge. War er aus diesem Grund nicht zurückgekehrt? Je länger sie darüber nachdachte, desto überzeugter war sie, dass die Rebellen sich auf diese Weise der Waffen bemächtigen wollten ohne zu bezahlen. Welche Ironie: Die Wächter Aharons statteten ihre eigenen Gegner mit den besten Waffen aus, die auf der Insel zu finden waren.

Irgendwann kamen die Soldaten mit einem Kohlebecken zurück, das sie in der Mitte des Verlieses aufstellten und anzündeten. Dann erschien ein alter Mönch mit feistem Gesicht. Er verschränkte die Hände in den weiten Ärmeln seiner weißen Kutte und stellte sich vor die Soldaten. Nanja begann zu zittern; nie zuvor hatte sie solche Angst gehabt.

Er schaute sie der Reihe nach an und nickte jedes Mal, als sei er zufrieden mit dem, was er sah. »Man beschuldigt euch des Gebrauchs von Magie bei der Heilung eines Kranken. Gesteht ihr euer Verbrechen?«

Niemand von ihnen antwortete.

Der Mönch winkte einem der Soldaten. Der bückte sich, schnitt Rons Hosenbein auf und riss den Verband herunter. Offensichtlich wussten sie genau, welche Verletzungen er hatte. War Wribald doch nicht der Verräter?

Der Mönch trat auf Ron zu. »Es sieht aus, als könntest du gemeint sein.« Er kicherte, als fände er sich selbst sehr schlau. »Hast du zugelassen, dass man dich mit verbotenen magischen Ritualen heilt?«

Nanja keuchte entsetzt. Wollten sie Ron dafür verurteilen, dass er überlebt hatte?

»Und wer von euch ist die Hexe? Nun redet schon! Ihr macht es euch leichter.«

Der Mönch wedelte mit den Fingern. Einer der Soldaten nahm einen weißglühenden Gegenstand aus dem Feuer – schmelzendes Glas. Als er näher trat, schloss Nanja die Augen.

Ron stöhnte, dann schrie er furchtbar.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.