Die Löwin von Arezzo (German Edition) by Völler Eva

Autor:Völler, Eva [Völler, Eva]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-02-04T16:00:00+00:00

13. Kapitel

Er hatte den Rest ihrer Spaghetti schnell vertilgt, und die Wartezeit bis zum Hauptgericht verbrachten sie mit lockerem Geplauder. Nick war sich ihrer Anwesenheit auf eine seltsam intensive Art bewusst, es war beinahe so, als sei sein ganzes Konzentrationsvermögen auf besondere Weise geschärft. Alles in ihm schien auf sie fokussiert zu sein, auf den Ausdruck in ihren Augen, den weichen Klang ihrer Stimme, den Schimmer, der auf ihrer Haut lag. Faszination war nicht der richtige Ausdruck für das, was ihn gefangen nahm. Er war betört. So sehr, dass sein Körper eine eigene Meinung zu dem Thema hatte. Mit anderen Worten, er hatte schon seit einer Weile eine handfeste Erektion. Ihr Geruch tat ein Übriges. Trotz der Essensdünste und dem Aroma von Wein und Zigarettenrauch, der um ihn herum in der Luft lag, konnte er Giulias Geruch deutlich wahrnehmen, wie ein Wolf, der, die Nase dicht am Boden, mit fiebriger Gier und traumwandlerischer Sicherheit unter tausenden von Fährten immer der richtigen folgte.

Der Fleischgang wurde gebracht, für Nick ein gigantisches T-Bone-Steak, für Giulia Kalbsschnitzel und dazu ein weiteres Glas Rotwein. Sie schaffte nur wenige Bissen von ihrem Essen, folglich konnte Nick sich abermals zwei Portionen einverleiben. Seine Erregung ließ vorübergehend nach, erwachte aber schlagartig wieder, als der Nachtisch serviert wurde – Cantuccini und dazu Vin Santo. Die Art, wie Giulia an den Mandelkeksen knabberte und schlückchenweise dazu von dem schweren Dessertwein trank, hatte etwas Erotisches.

Nick wollte es zuerst nicht glauben, doch dann tat sie etwas, das alle diesbezüglichen Zweifel schlagartig aus dem Weg räumte. Sie berührte ihn unter dem Tisch mit ihrem Fuß. Irgendwie hatte sie es geschafft, ohne Zuhilfenahme ihrer Hände einen Turnschuh abzustreifen, denn ihre Zehen waren nackt. Langsam und in eindeutiger Aufforderung strichen sie über seinen Knöchel und von dort aufwärts, an der Außenseite seines Unterschenkels entlang bis hoch zu seinem Knie. Nick verschluckte sich an seinem Espresso. Er fühlte, wie in seinen Handflächen der Schweiß ausbrach, und er war augenblicklich so steinhart, dass jede unbedachte Bewegung wehtat.

Er schaute sie direkt an. "Ist das der Wein?"

Sie schüttelte den Kopf und erwiderte dabei unverwandt seinen Blick. Ganz unvermittelt sprang etwas Urtümliches, Machtvolles zwischen ihnen auf, bewegte sich knisternd zwischen ihnen hin und her wie elektrische Funken entlang einer kurzgeschlossenen Stromleitung. Ihre Umgebung existierte nicht mehr. Menschen, Geräusche, Gerüche – alles versank mit einem Schlag in absoluter Bedeutungslosigkeit. Es gab nur noch sie beide. Für Nick war es eine Empfindung, die weit über das Körperliche hinausging. Dieser eine Augenblick verband sie auf eine Weise, wie es vielleicht nur ein- oder zweimal im Leben eines Menschen geschieht. Die Welt stand still und fing wieder an, sich zu drehen, aber so schnell, dass ihm schwindlig wurde. Es war ein Moment, in dem sich sein ganzes bisheriges Leben auf wundersame Weise aufzulösen und wieder zusammenzufügen schien, nur diesmal in strahlender Vollkommenheit. Nicks Hände zitterten, als er seine Brieftasche hervorzog und die Rechnung bezahlte, und sie zitterten noch stärker, als er Giulia beim Arm fasste und sie über die steil abfallenden Gassen bis zur nächsten halbwegs einsamen Straßenecke führte.

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