Die Liegnitz-Trilogie - 3 Der Junge aus Liegnitz by Siegfried Kobelt

Die Liegnitz-Trilogie - 3 Der Junge aus Liegnitz by Siegfried Kobelt

Autor:Siegfried Kobelt [Kobelt, Siegfried]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Engelsdorfer Verlag
veröffentlicht: 2008-12-15T23:00:00+00:00


Freudig begrüßen wir die edle Halle,

wo Kunst und Frieden immer nur verweil’,

wo lange noch der frohe Ruf erschalle:

Thüringens………………., Heil!

(Richard Wagner, Tannhäuser, 2. Aufzug, 4. Auftritt)

Der neue Morgen des Abschiedstages vom Dorf begrüßte Siegbert, als das Hoftor des Bauern Meier hinter ihm ins Schloss fiel. Frische Landluft breitete sich aus und machte das Atmen leichter. Die Nacht war noch nicht dem Tag gewichen. Hell und Dunkel kämpften noch miteinander, aber bald wird die Helligkeit des Tages über das Dunkel der Nacht siegen. Am Horizont ließ sich bereits ein lichter Schein erblicken. Der Tag nahte langsam und die Umrisse der Häuser und Baumreihen entlang der Dorfstraße nahmen sichtbare Gestalt an. Der Weg ist heute trocken und gut zu begehen. Er schritt kräftig darauf aus. Das Dorf schlief noch. Nur der dem anbrechenden Tag weichende Mond konnte Siegbert sehen, der einen langen Marsch mit seinem Herrenfahrrad ohne jegliche Beleuchtung vor sich hatte.

Schon vom Hoftor aus musste er sich anstrengen, sein Gefährt vorwärts bewegen zu können, da es ein wenig steil bergan Richtung Dorfstraße ging. Mit einem starken Ruck erreichte er sie, in die er links einbog. Bald hatte er das Dorf hinter sich gelassen.

Der Weg zum Haltepunkt der DR durch die drei Dörfer verlief ja hügelig. Bergauf begann Siegbert zu transpirieren ob des doch recht schweren Gefährtes mit dem Koffer. Bergab musste die kaum noch funktionierende Handbremse betätigt werden. Er hatte große Mühe, dabei immer das Gleichgewicht zu wahren. Aber es rollte.

Am Haltepunkt angekommen, standen schon Reisende, allerdings ohne Gepäck, wartend am Bahnsteig. Wie Siegbert später feststellte, sind es keine Reisenden im übertragenen Sinne. Sondern nur Werktätige aus den umliegenden Dörfern des Haltepunktes, die zur berufstätigen Bevölkerung zählten. Sie fuhren mit der DR in die Kreisstadt zur Ausübung ihrer Arbeit und der Erfüllung ihrer Aufgaben am ersten Fünfjahrplan. Und das täglich!

Hier wie im Dorf, aus dem Siegbert kam, das gleiche. Die Bauern konnten nicht alle Menschen beschäftigen. So mussten sie, um ihren Lebensunterhalt verdienen zu können, täglich weite Fahrten auf sich nehmen. Machbar nur, lagen die Dörfer im Umfeld einer Bahnstation. Von Siegberts Dorf aus aber völlig ausgeschlossen. Denn das hätte kein Mensch täglich geschafft.

Siegbert kam sich vor wie ein Handelsreisender. Er kam sich nicht nur so vor, er sah auch so aus. Als er mit seinem Gefährt ankam, hatten sich alle wartenden Reisenden nach ihm umgedreht. Erstens war sein Aufzug ungewöhnlich und zweitens war sein Gesicht hier fremd. Man kannte sich, zumindest vom Ansehen her. Denn schließlich hatten alle täglich den gleichen Weg. Aber er, ein Neuer! Er löste seine Fahrkarte und die fürs Herrenfahrrad.

Als der Zug gegen fünf Uhr dreißig eintraf, musste sich Siegbert beeilen. Wie fast immer auf dieser Strecke, zog die Lokomotive wieder rückwärts fahrend die wenigen Personenwagen hinter sich her. Der Gepäckwagen hing gleich hinter dem Tender, dem Vorratswagen der Dampflokomotive. Letztere schnaufte fürchterlich und stieß durch ihren Schornstein große, schwarze Wolken gen Himmel. Siegbert hievte sein Herrenfahrrad in den Gepäckwagen, das ihm der beflissene Zugschaffner abnahm. Indessen stand Siegberts großer Koffer etwas verloren als einziges Gepäckstück auf dem bekiesten Bahnsteig.



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