Die letzte Stunde by Minette Walters

Die letzte Stunde by Minette Walters

Autor:Minette Walters [Minette Walters]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2017-11-30T23:00:00+00:00


DIE ERSTEN ZWEI WOCHEN IM SEPTEMBER 1348

SIEBZEHN

Develish, Dorseteshire

Nach dem Aufbruch von Thaddeus und seinen Gefährten hatte die Stimmung in Develish sich gewandelt. Eine neue Unsicherheit ergriff die Menschen, als wäre ihnen etwas abhandengekommen, auf das sie sich gewohnheitsmäßig immer verlassen hatten. Dennoch schienen sie mehr an sich selbst zu zweifeln als an den sechs Ausreißern, und Lady Anne verglich das Anwesen mit einem Haus: Waren alle Elemente an ihrem Platz, so stand es fest; fehlten aber ein paar Stützbalken, begann es zu wanken.

Isabella hatte die Veränderung ebenfalls bemerkt, drückte es nur anders aus. »Thaddeus würde gar nicht glauben, wie sehr er vermisst wird, Milady. Er ist so bescheiden, dass er sich nicht vorstellen kann, was er uns bedeutet.«

»Was bedeutet er euch denn, Isabella?«

»Nun, es ist wie mit Euch, Milady. Er gibt uns das Gefühl, wichtig zu sein, indem er uns zuhört. Mein Vater sagt, die Art, wie er als Kind behandelt wurde, hätte ihn verbittern müssen, wenn Ihr ihm nicht beigebracht hättet, dass jeder, auch der Geringste, angehört werden sollte.«

Lady Anne hielt ihre Gefühle unter Verschluss, doch ihren Unmut gegen Eleanor vermochte sie kaum noch zu bezähmen. Das Mädchen benahm sich von Tag zu Tag schlimmer. Bei jeder Kleinigkeit bekam sie Tobsuchtsanfälle, sodass Lady Anne ihr schließlich befahl, auf ihrem Zimmer zu bleiben. Die Dienerschaft wurde angewiesen, ihr das Essen vor die Tür zu stellen, wo es aber oft genug unberührt blieb.

Eleanor verzehre sich nach Thaddeus, ging das Gerücht, eifrig herumgetratscht von Eva Thurkell, um Lady Anne und ihre Berater in Verlegenheit zu bringen. Sie behauptete, Thaddeus habe Lady Anne geraten, Eleanor fortzuschicken, als die erste Kunde von der Pest sie erreichte, da es nur Unheil bringen könne, ein so bildschönes Mädchen mit gleichaltrigen Jungen auf einem Anwesen zusammenzusperren. Törichterweise habe Lady Anne dies abgelehnt, ihre Entscheidung jedoch bereut, als ihre Hauptbauern aus reinem Machthunger ihre Söhne angestiftet hätten, um Lady Eleanors Gunst zu buhlen. Unter Erfolgsdruck hätten die Jungen ihre Wettkämpfe immer gewalttätiger ausgetragen und einander Wunden und Prellungen zugefügt, die alle sehen konnten.

Letzteres stimmte sogar. Es war nicht zu leugnen, dass Evas Zweitgeborener, Jacob, noch am Leben wäre, wenn er sich nicht davor gefürchtet hätte, im offenen Kampf den Kürzeren zu ziehen. Falsch war jedoch die Behauptung, Thaddeus habe die Wettkämpfe unterstützt – und damit indirekt den Tod seines Bruders herbeigeführt –, denn als einziger unter den erwachsenen Männern hatte er nicht daran teilgenommen. Ganz im Gegensatz zu Gyles und Alleyn Startout, John Trueblood, Adam Catchpole und James Buckler, deren aggressives Wetteifern nicht unbemerkt geblieben war.

Aus Angst um ihre Autorität, hieß es, habe Lady Anne Thaddeus befohlen, die Söhne dieser ehrgeizigen Männer aus dem Gut zu entfernen. So habe sie zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, denn ganz Develish wisse ja, dass Evas gut aussehender, hochgewachsener Erstgeborener Lady Eleanors heimliche Liebe sei. Die ausufernde Verzweiflung, die das Mädchen seit Thaddeus’ Abgang an den Tag legte, war Beweis genug. Um auch noch die letzten verbleibenden Zweifel zu zerstreuen, pflegte Eva ihre Nachbarinnen an die Warnung zu erinnern, die Milady ihrer Tochter in Gegenwart der Dienerschaft hatte zukommen lassen.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.