Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm by Anthony Mark

Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm by Anthony Mark

Autor:Anthony Mark
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2010-01-13T23:00:00+00:00


23

Nach der Begegnung mit dem König kehrte Grace in ihr Gemach zurück, wo Lirith schon mit einer in Taubengrau gekleideten Dienstmagd auf sie wartete. Neben dem Feuer stand eine Wanne mit dampfendem Wasser. Als sich Grace nach Aryn erkundigte, teilte ihr die dunkeläugige Hexe mit, daß sich Aryn in ihrem Gemach ausruhte und Grace es ihr sehr bald nachmachen würde.

Grace hatte nicht die Kraft, mit ihr zu diskutieren. Die Erschöpfung übermannte sie, zusammen mit neuem Entsetzen über die Ereignisse des Tages. Sie war so teilnahmslos, daß es sie sogar nicht einmal störte, als die Magd die Verschlüsse ihres blutigen Gewandes öffnete und das Kleidungsstück zu Boden fallen ließ.

Lirith nahm den Lederbeutel, der für gewöhnlich an Graces Schärpe befestigt war, und legte ihn auf den Kaminsims. Zu spät fiel Grace ein, daß sich darin die halbierte Silbermünze befand, die Bruder Cy ihr gegeben hatte. Ohne die Münze würde sie die Sprache dieser Welt weder sprechen noch verstehen können. Aber das entsprach nicht ganz der Wahrheit, oder? Nach viel Übung war sie an einem Punkt angelangt, wo sie einen guten Teil der melodischen Sprache dieser Menschen hier verstand, auch wenn sie bezweifelte, daß sie selbst mehr als zwei Worte darin hätte sagen können. Aber es bestand keine Notwendigkeit, sich jetzt zu unterhalten, und es fiel ihr nicht schwer, die gemurmelten Anweisungen zu verstehen. Zieht Eure Unterwäsche aus, steigt in die Wanne, schließt die Augen.

Nach dem Bad – als sie wieder angekleidet war – brachte die Magd ein Tablett mit Essen, und Lirith sah zu, wie Grace jeden Bissen Fleisch, Brot und Obst aufaß. Als sie fertig war, stieg sie ins Bett und ließ zu, daß Lirith sie unter die Decke packte, als wäre sie ein kleines Kind. Grace schloß die Augen, und als ihr die Hexe einen Kuß auf die Stirn gab, war es eher tröstlich als seltsam. Grace fühlte, wie das Licht floh, als Lirith die Kerze ausblies. Dann öffnete und schloß sich die Tür, und sie war allein.

Doch trotz ihrer Erschöpfung wollte der Schlaf nicht kommen. Schließlich stand sie wieder auf und stellte sich ans Fenster. Mitternacht war längst vorbei, und kein Mond stand am Himmel.

Ein blutrotes Aufblitzen erregte ihre Aufmerksamkeit. Der neue rote Stern, der bei Sommeranfang am südlichen Himmel erschienen war, war gerade über die Schloßmauern gestiegen. Als sie ihn das erste Mal erblickt hatte, hatte sie das aufregend gefunden. Es bedeutete, daß sich Eldh genau wie die Erde auf einer schrägen Achse drehte; beim Wechsel der Jahreszeiten versanken einige Sterne hinter dem Horizont, während andere emporstiegen und ihre Plätze einnahmen. Doch als sie Durge auf den Stern aufmerksam gemacht hatte, hatte dieser nur die Stirn gerunzelt und etwas über »Himmelskörper, die dort leuchten, wo nichts leuchten sollte« gemurmelt.

Durch Gespräche mit anderen hatte Grace herausgefunden, daß keiner der Schloßbewohner den Stern jemals zuvor gesehen hatte. Vielleicht war es ja ein Komet oder ein Planet, der einen irregulären Orbit hatte, der ihn nach langer Abwesenheit wieder in die Nähe dieser Welt führte. Natürlich implizierten diese Erklärungen, daß Eldh ebenfalls ein Planet war, der zu einem Sonnensystem gehörte, das dem der Erde ähnlich war.



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