Die letzte Dunkelheit by Donaldson Stephen

Die letzte Dunkelheit by Donaldson Stephen

Autor:Donaldson, Stephen
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 2015-02-22T16:00:00+00:00


Zweiter Teil

»Der Abgrund und der Gipfel«

1

Eine Sage, die bleiben wird

Völlig erschöpft, aber auf vielfältige Weise getröstet und aufgeheitert, döste Linden Avery in Covenants Armen. Thomas, den ich liebe. Aber sie schlief nicht tief oder lange, denn nach einiger Zeit erregte das Rascheln von Weidenästen ihre Aufmerksamkeit. Sie spürte den Druck von Hufschlägen auf dem Grasteppich, hörte Fressgeräusche, und als sie sich benommen umsah, entdeckte sie Pferde in der Laube: Hyn und Hynyn. Khelen. Rallyn. Und Mishio Massima, das an ein Maultier erinnernde Pferd des Eifrigen. In diesem Ödland war ihr Bedürfnis nach Futter übermächtig geworden.

Linden schloss wieder die Augen und ließ den Kopf auf Covenants beruhigend starke Schulter zurücksinken. Ihr einzig wahrer Geliebter … Er hatte niemals aufgehört, sie zu lieben; davon war sie jetzt überzeugt. In gewisser Beziehung verstand sie, weshalb er vor einigen Tagen den Anschein erweckt hatte, nichts mehr mit ihr zu tun haben zu wollen, und die besonderen Aspekte seiner Notlage – auch wenn sie ihr noch immer rätselhaft waren – minderten ihre Dankbarkeit nicht. Das Gefühl, er habe sie körperlich und seelisch gerechtfertigt, war stärker als ihre Müdigkeit. Alles an ihm war ihr so kostbar geworden wie ein Sonnenaufgang.

Der Ring an ihrem Finger gab ihr beruhigende Gewissheit: Sie hätte mit ihrem Mann ganze Tage in der linden Luft von Caerholz ur-Mahrtiirs Laube verbringen können – und hätte es gern getan.

Doch irgendwann brachte das leise Schnauben der weidenden Pferde sie dazu, sich zu fragen, wie viel Zeit schon vergangen sein mochte. Um Covenant nicht zu wecken, bewegte sie sich nicht und ließ stattdessen ihre Sinne über die Zauberlaube des Forsthüters hinaus ausgreifen. Erstaunt stellte sie fest, dass der Tagesanbruch bevorstand: der vorgetäuschte Anbruch eines weiteren sonnenlosen Tages. Der vierte Tag – war es wirklich schon der vierte? –, seit die Sonne nicht mehr aufgegangen war. Also hatten ihre Begleiter sie die Nacht hindurch mit Covenant alleingelassen. Sogar Jeremiah …

Neugierig geworden, hob Linden den Kopf und betrachtete ihre Umgebung.

Die Melodien um sie herum schienen über sie und Covenant zu wachen, aber von Caerholz ur-Mahrtiir war nichts zu sehen. Er blieb in seinen üppig wuchernden Liedern verborgen. Außer den Pferden sah sie nur den mächtigen Weidenstamm und dahinter den Tempel der Elohim.

Covenant stöhnte leise, dann öffnete er blinzelnd die Augen. Als er Lindens Blick begegnete, versuchte er zu lächeln, brachte aber nur ein leicht verzerrtes Grinsen zustande. Im sanften Licht der Musik des Forsthüters schien die blasse Narbe auf seiner Stirn zu glühen. Sie hätte angeboren sein können: eine alte Wunde, die allmählich die Form einer Krone einnahm. Das glänzende Silber seines Haares schien zu lodern.

Bei der Erinnerung an sein Ungestüm empfand Linden einen köstlichen Schauder, der ihr wie eine Vorahnung des Lebens erschien, das sie mit ihm führen wollte. Ein unmögliches Leben, solange die Schlange des Weltendes wach und aktiv war und Lord Foul es weiterhin auf Jeremiah abgesehen hatte.

Covenant stützte sich auf einen Ellbogen und betrachtete sie mit Sehnsucht im Blick. Er schien jede Linie ihres Körpers zu begehren. Dann runzelte er bedauernd die Stirn, nickte



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