Die Jagd nach Millionen by David C. Murray

Die Jagd nach Millionen by David C. Murray

Autor:David C. Murray [Murray, David C.]
Die sprache: eng
Format: epub
Tags: Mystery & Crime
Herausgeber: MOST Publishing


Zehntes Kapitel

Der Mann, der gefesselt in der Giebelstube der Gowerstraße lag, hatte ein bewegtes, an Abenteuern reiches Leben hinter sich, aber die Abenteuer von zwanzig abenteuerlichen Jahren reichten nicht heran an das, was er in der Dunkelheit dieser engen Stube in einer einzigen Stunde durchlebte. Durst, Hunger, Einsamkeit und der Schlag auf den Kopf verursachten ein heftiges Delirium. Einen märchenhaften vergrabenen Schatz suchend, durchzog er unermeßliche Steppen und wurde fast rasend über den Führer, der darauf beharrte, eine Brille zu tragen, die an Stelle der Gläser undurchsichtige runde Silberscheiben hatte, weshalb er natürlich nichts sehen konnte und immerzu den Weg verlor. Und während er durch wüste Steppen wanderte, kam er zeitweise immer wieder nach London, was doch entschieden abgeschmackt war. Ein berüchtigter Falschmünzer, den er jahrelang verfolgt hatte, saß auf der Richterbank, verhörte Prickett, wollte ihn aber nie ausreden lassen, und während der Verhandlung drangen Dutzende von Gaunern in den Saal und stahlen zwei runde Silbermünzen, die als schweigender Beweis für irgend eine unerklärliche Thatsache auf dem Tisch vor den Richtern lagen. Das Sonderbarste aber war, daß diese Münzen gestohlen und wieder gestohlen wurden und doch immer noch dalagen. Ein wahrer Hexensabbat von Verhaftungen und Fluchtversuchen spielte sich vor ihm ab, Streifzüge auf Leute, die unerlaubte Freuden suchten und sich scheu und unterwürfig fangen ließen, Fahndung auf verzweifelte Verbrecher, die sich für ihr Leben und ihre Freiheit zur Wehr setzten, verrückte Reisen, wo er bald in der Einöde, bald in einer wohlbekannten Stadt des Auslands stand, sämtliche Vergehen wider das Strafgesetzbuch, die sich zu gleicher Zeit abspielten und deren Ziel und Zweck unabänderlich zwei runde Silberstücke waren. Dann – und das war gerade so unerklärlich wie das Uebrige – erkannte er wieder das Zimmer, worin er lag, und sah einen Mann eintreten. Er war ihm gänzlich fremd und sprach auch kein Wort, aber er beugte sich über den Fiebernden, hob mit lächerlicher Leichtigkeit ein schweres Gewicht von dessen Brust, rollte ihn aufs Gesicht und nahm irgend etwas mit den starren krampfigen Händen auf seinem Rücken vor. Der Fremde gab ihm auch etwas zu trinken, nur ganz langsam, löffelweise. Dann war er verschwunden und Prickett brauchte jetzt weder durch die Wüste zu wandern, noch überhaupt zu träumen, es war, als ob er von einem hohen Turm in die Tiefe gestürzt wäre in ein Luftbett hinein, wo er alles vergaß.

In pechschwarzer Dunkelheit erwachte er, wie lang oder wie kurz nach diesem letzten Traumgesicht, das wußte er nicht, auch hatte er anfangs nicht die Kraft, sich darüber zu besinnen. Allmählich stellte sich die Erinnerung ein und die Frage, wo er eigentlich sei. Er stöhnte laut und fühlte sich seltsam schwach und leicht, bis er sich zu bewegen versuchte und wieder sein Bleigewicht empfand.

Eine Uhr schlug die Viertel, alle nacheinander, und dann die Stunde – drei Uhr. Es war dieselbe Uhr, deren schleppenden Gang er in letzter Nacht verfolgt hatte. Jetzt fing sein Gehirn wieder zu arbeiten an, und zwar energisch. Er befand sich noch in seinem Gefängnis, aber seine Glieder waren nicht mehr gefesselt, und er konnte sich frei bewegen, wenn auch mit Schwierigkeit.



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