Die geheimen Schwestern. Roman by Anne Fortier

Die geheimen Schwestern. Roman by Anne Fortier

Autor:Anne Fortier [Fortier, Anne]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783104022062
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2014-08-07T00:00:00+00:00


25. Kapitel

ägäisches meer

Als Lilli erwachte, segelten sie bereits auf dem offenen Meer. Nachdem sie gegähnt und sich ausgiebig gestreckt hatte, setzte sie sich auf und befühlte neugierig ihre Umgebung. Das weiche Sofa mit der gewebten Auflage … die Wand aus Stoff, die vom Fahrtwind nach innen gedrückt wurde … Dieser Ort im Heck des trojanischen Schiffs war so anders als alles, was sie erwartet hatte, dass sie es mit der Angst bekam. »Klyto?«, rief sie laut. »Bist du schon wach?«

»Ja, das bin ich.« Klyto drückte dem Mädchen einen Kuss auf das Haar.

»Sind wir wieder auf See?« Lilli machte ein nachdenkliches Gesicht. »Da war ein Mann … ein Mann, der nach Myrina gerochen hat.«

»Ich habe eine Überraschung für dich«, sagte Klyto, während ihr Freudentränen über das Gesicht liefen. »Eine Überraschung, die dich sehr glücklich machen wird.«

Myrina, die nicht länger an sich halten konnte, stürzte vor und nahm ihre Schwester fest in die Arme. Die anderen hatten ihr die Neuigkeiten erst nach und nach beibringen wollen, um sie nicht zu überfordern, aber Myrina wusste besser als jede andere, wie viel sie ihrer Schwester zumuten konnte und dass es ein Schock wäre, den sie genießen würde.

»Unsere Gebete sind erhört worden«, sagte eine der befreiten Priesterinnen mit Namen Pylla. »Bestimmt war es Lillis Armreif, der uns die Freiheit brachte. Lasst uns den Göttern danken …«

»Vielleicht solltest du eher Myrina danken«, sagte Pitana. »Sie hatte keine Ruhe, ja, hat sich kaum einmal hingesetzt, seit ihr entführt wurdet.«

»Darf ich vorschlagen, dass ihr uns allen dankt?«, warf Igia ein. »Lasst Myrina die Bürde eurer Dankbarkeit nicht ganz allein tragen …«

Doch niemand wollte jetzt darum streiten. Nachdem sie den ganzen Morgen damit zugebracht hatten, eine hysterische Kara zu beruhigen – die mittlerweile zum Glück in erschöpften Schlaf gefallen war –, hatte keine der Frauen die Kraft zu weiteren Aufregungen. Sie machten auch keine Anstalten, das neue Mädchen auszufragen, das sie aus Mykene mitgenommen hatten. Es hatte ihnen gesagt, sein Name sei Helena, und mehr wollten sie vorerst nicht wissen.

Myrina blieb den Morgen über im Zelt und konnte sich kaum an Lilli sattsehen. Doch sie wusste, irgendwann musste sie mit Paris sprechen, also begab sie sich gegen Mittag auf die Suche und fand ihn am Bug des Schiffes, wo er aufgebracht mit Aeneas und Dares diskutierte.

Keiner der drei Männer hatte ein Lächeln für sie übrig. Die zwei anderen nickten Paris mit grimmigen Gesichtern zu und entfernten sich eilig, und auch Paris schien nicht mit ihr reden zu wollen, denn er kehrte ihr den Rücken und blickte aufs Meer hinaus, als wäre sie gar nicht anwesend.

Trotz dieses feindseligen Empfangs blieb Myrina stehen und sagte: »Erlaubst du mir zumindest, um Entschuldigung zu bitten?«

Als Paris endlich sprach, verriet seine Stimme seinen Zorn. »Was ich erlaube oder nicht, scheint dich doch wenig zu kümmern.«

»Aber …«

Endlich drehte er sich zu ihr um. »Myrina, ich schere mich nicht um feine Worte und Absichten – vor allem nicht, wenn deine Taten sie so offenkundig untergraben. Wenn du dich entschuldigen willst, dann bei meinen Landsleuten. Sie werden die Opfer meines irrsinnigen Vertrauens in dich sein.



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