Die Chroniken der Seelenwächter - Band 22: Cassandras Fluch by Nicole Böhm

Autor:Nicole Böhm [Böhm, Nicole]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Greenlight Press
veröffentlicht: 2017-03-16T23:00:00+00:00

9. Kapitel

Jessamine

»Hey.«

»Was ...«

»Jess, wach auf.«

»Noch nicht.«

»Du musst aufstehen, wir reiten los.«

»Ich will schlafen.« Ich drehte mich auf die Seite, zog die Decke über den Kopf und kuschelte mich in die herrliche Wärme meines Bettes. Mein Körper war bleiern, meine Glieder schmerzten, und hinter meiner Stirn pochte es dumpf. Ich fühlte mich kränklich, und das, obwohl Akil mir gestern ziemlich viel Heilenergie gegeben hatte. Ich hatte da schon bemerkt, wie viel stärker er war. Es war der pure Wahnsinn gewesen. Die Energie hatte meinen gesamten Körper erfüllt und jede meiner Zellen zum Vibrieren gebracht. Ich wünschte, sie würden auch jetzt vibrieren und mich voller Tatendrang aus dem Bett hüpfen lassen.

»Komm.«

»Nur noch zehn Minuten.«

»Du hattest bereits eine Viertelstunde.«

»Kann nicht sein.« Das hieße, dass er schon mal hier gewesen war, und daran konnte ich mich nicht erinnern.

Plötzlich fühlte ich seine Hand ganz nah an meinem Gesicht. Er strich mir die Haare zurück und ließ die Strähne durch seine Finger gleiten. Auch wenn er mich nicht anfasste, spürte ich seine Energie, seine Liebe, seine Zuneigung.

Ich drehte mich zu ihm, blinzelte gegen das Licht vom Fenster in seinem Rücken. Er saß auf meiner Bettkante. Erst erkannte ich nur seine Konturen, seine Haarspitzen leuchteten dunkelbraun in der Morgensonne. Nur nach und nach wurde auch der Rest von ihm scharf. Im wahrsten Sinne des Wortes. Dieser Mann war einfach ein real gewordener Traum. Er lächelte mich milde an, seine Augen ruhten auf mir und nahmen jedes Detail von mir wahr. Er trug schwere schwarze Cargos, ein enges Shirt und eine Kapuzenjacke darüber. Ebenso seine fingerlosen Handschuhe, die er irgendwann einmal Colin abgenommen und nie zurückgebracht hatte. Normalerweise trug er sie nur, wenn er auf einen Einsatz ging.

»Wo willst du denn hin?«

»Wir gehen zu Ashriel nach New York.«

»Echt?« Und hatte er wir gesagt? Ich gähnte herzhaft und setzte mich im Bett auf. Mein Verstand hinkte definitiv hinterher und schüttelte nur langsam die Trägheit des Schlafs ab.

»Geht es dir gut?« Er ließ meine Haarsträhne los und sah mich besorgt an.

»Ich bin nur noch müde, aber sonst ist alles klar.«

Er legte den Kopf schräg, musterte mich genauer.

»Wirklich«, bestätigte ich und meinte es auch so. Das Pochen ließ sogar schon wieder nach, womöglich waren das nur die Nachwirkungen von meinen vielen Eisbädern und dem Ritual am See. Dem, was ich verloren hatte ... Ein dicker Kloß bildete sich in meiner Kehle und trieb die Trauer in jede einzelne Zelle. Mein Haus war weg.

»Dann raus mit dir aus den Federn, wir wollen so schnell wie möglich aufbrechen.«

Ich schüttelte mich, war froh, dass Jaydee voller Tatendrang schien, so konnte ich erst gar nicht der Schwere meines Herzens folgen und die Trauer nach oben lassen. »Hast du etwas in Mums Unterlagen finden können?«

»Nicht direkt, aber ich habe eine Ahnung.«

»Und die wäre?«

»Das kann ich dir nicht sagen.«

»Oh.« Vertraute er mir etwa nicht?

»Sieh mich nicht so an, das hat nichts mit dir zu tun. Aber ich weiß nicht, ob Ashriel sich wieder in deine Gedanken schleicht, und es ist wichtig, dass sie nichts davon ahnt, sonst bringt sie uns beide bereits an der Tür um.

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