Die Brueckenbauerin by Harstall Madeleine

Die Brueckenbauerin by Harstall Madeleine

Autor:Harstall, Madeleine [Harstall, Madeleine]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-10-16T16:00:00+00:00


Die Sonne in der Hand

Janek schlief wie ein Stein, erschöpft vom stundenlangen Reden. Er war irgendwo angekommen, aber noch war ihm nicht klar, wo. Und er kam auch nicht mehr dazu, darüber nachzudenken, denn er fiel, kaum dass er sich im Bett ausgestreckt hatte, aus einer tiefen inneren Ruhe sofort in einen noch tieferen Schlaf.

Thea dagegen konnte nicht schlafen.

Sie hatte von den warmen Heizkörpern ihre inzwischen knochentrockene Kleidung eingesammelt, geduscht, die Fingernägel geschnitten, die Haare gebürstet und neu geflochten, hatte ein wenig die klappernde Rechenmaschine in den Händen gedreht und festgestellt, dass der Mechanismus gelegentlich blockierte. Ähnlich blockiert fühlte sie sich selbst. Um den verleimten Kasten zu öffnen, hätte sie ihn zerstören müssen.

Dem Rätsel der Glaskugel mit dem Glühknopf darin kam sie durch bloßes Anschauen auch nicht auf die Spur. Der auf eine Röhre gewickelte Kupferdraht vom Dachboden fiel ihr wieder ein, und sie versuchte sich zu erinnern, was sie eigentlich über Tesla-Spulen wusste. Nicht viel, außer dass eine Spule nicht reichte. Man brauchte eine zweite, um die immensen Hochspannungen zu erzeugen, mit denen Tesla experimentiert hatte. Wahrscheinlich brauchte auch die seltsame Glühbirne eine solche Hochspannung. Aber das konnte sie in dieser Nacht nicht klären. Genauso wenig wie es Entlastung für die Hochspannung gab, die Janeks Kuss in ihr ausgelöst hatte. Sie und ein Naturschützer, das passte nicht.

Also kroch sie pflichtschuldig unter die Bettdecke und machte das Licht aus. Aber die Stille hielt sie wach oder das Knacken im Haus und das Seufzen der Geister. Gegen Mitternacht schreckte sie aus einem turbulenten Halbwachtraum auf und lauschte. Aber es war wohl nur ein innerer Schrei gewesen, der sie geweckt hatte. Ein Name schwirrte ihr im Kopf herum: Guttwitz ... Bankier Guttwitz.

So wurde das nichts mit dem Schlafen. Thea machte Licht, zog sich den Bademantel über, schlüpfte in ihre Turnschuhe und tappte die Treppe hinunter in die Küche. Dort lag auf dem Tisch das Kollegheft mit ihren Notizen. Bis spät in die Nacht hatte Janek erzählt, ohne auch nur mit einem Wort auf die Umarmung im Moor einzugehen.

Thea blätterte im Heft, bis sie die Stelle fand. »Bankier Guttwitz aus Berlin hat beim Zugunglück eine Hand verloren. War mit Fiedlers befreundet.«

Thea füllte unter dem Wasserhahn ein Glas und leerte es auf einen Zug. Sollte sie es wagen? Ihr Laptop war zwar für drahtlose Internetverbindungen ausgerüstet, aber der nächste Hotspot befand sich, wie sie wusste, in Anklam. Hier draußen gab es solche Antennen nicht. Wenn sie ins Netz wollte, musste sie an Janeks Computer. Und das hatte er ihr am ersten Abend ausdrücklich verboten. Andererseits wollte sie ja nicht seine Datenbanken ausspionieren. Thea öffnete die Küchentür und lauschte. Alles still. Auf leisen Sohlen huschte sie durch den Gang in Janeks Büro, machte Licht und zog die Tür hinter sich zu. Der alte Computer fuhr festplattenknatternd hoch. Die wenigsten Menschen schützten ihren Heimcomputer mit einem Passwort, Janek auch nicht. Immerhin hatte er eine DSL-Verbindung.

Thea ermahnte sich, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren, und tippte Guttwitz in die Suchmaschine. Guttwitz war zunächst einmal ein Ort in Schlesien. Doch dann hüpfte Theas Herz.



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