Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit by Gillian Shields

Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit by Gillian Shields

Autor:Gillian Shields [Shields, Gillian]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: babylon
veröffentlicht: 2012-05-02T16:00:00+00:00


Sechsundzwanzig

Das Tagebuch von Lady Agnes,

21. Dezember, 1882

S. ist vor fast drei Wochen aus London zurückgekehrt. Ich habe mich die ganze Zeit von ihm ferngehalten. Zwar habe ich mich danach gesehnt, ihn wiederzusehen, aber ich wollte keine Wiederholung unseres Streites. Gestern ist er dann unerwartet in der Abtei aufgetaucht und hat mich gebeten, mit ihm über die Moors zu streifen. Dort hat er mir dann seine Neuigkeiten mitgeteilt, halb stolz und halb trotzig.

»Wie konntest du nur so etwas tun?«, bestürmte ich ihn. »Und wieso hast du es mir nicht gesagt?«

»Getan habe ich es, weil du mir nicht helfen wolltest. Ich musste woanders Verbündete finden. Und gesagt habe ich es dir deshalb nicht, weil ich wusste, dass du so reagieren würdest.«

Ich schritt durch die Heide, ohne wirklich zu sehen, wohin ich ging. Die Sonne schien friedlich auf die Moors, aber zwischen uns herrschte nichts als Aufruhr und Verärgerung.

»Hör auf damit! Warte, Agnes! Lass es mich dir erklären. «

Er nahm meine Hand und brachte mich dazu, mich auf den weichen Torfboden zu setzen. Eine Brise wehte ihm die dunklen Haare aus der Stirn, und ich schnappte nach Luft, als ich den Ausdruck in seinem Gesicht sah, so offen und eifrig wie in den alten Tagen. Wenn ich nur aufhören könnte, ihn zu lieben! Dann wäre alles so viel einfacher.

»Also, was für eine Erklärung kannst du mir geben?«

»Ich hatte keine andere Wahl, Agnes«, erwiderte er mit einem seltsamen Leuchten in den Augen. »Du weißt so gut wie ich, was in dem Buch steht. Um ein Meister unserer Zunft zu werden, muss ich einen Hexenzirkel von Schwestern um mich versammeln. Da du nur zu deutlich gemacht hast, dass du mir nicht dienen willst, musste ich woanders suchen. Und hier in Wyldcliffe habe ich ihn gefunden.«

»Wie bitte? Ein paar einfache Dorfmädchen, die sich durch deine Aufmerksamkeit geschmeichelt fühlen? Wie sollen sie dir dabei helfen, irgendetwas Großes oder Gutes zustande zu bringen?«

»Ich unterrichte sie. Sie sind stärker, als du denkst. Und sie sind begierig darauf, zu lernen und mich zufrieden zu stellen.« Sein Blick blieb an mir hängen, und ich errötete, ohne auch nur annähernd zu wissen, warum. Dann lachte er grausam. »Was denn, Agnes, bist du etwa eifersüchtig auf meine neuen Schwestern? Aber du kannst dich nicht weigern, an meine Seite zu treten, und dich dann beklagen, wenn andere den Platz einnehmen, den du unbesetzt gelassen hast.«

»Ich hätte den Platz nie verlassen, wenn du mich nicht weggejagt hättest!«

»Was? Wie soll ich dich weggejagt haben?«

»Indem du in der Tiefe und im Dunkeln gräbst«, sagte ich. »Auf dem Weg, den du für dich gewählt hast, kann ich dir nicht folgen.«

Er kam jetzt zu mir und setzte sich neben mich. Einen Moment war er richtig sanft, wie ein zahmer Falke.

»Doch, das kannst du, Agnes. Es ist noch nicht zu spät.« Er umfasste meine Hände. »Wenn wir unsere Kräfte miteinander verbinden würden, könnten wir den Schlüssel zu dem finden, was ich suche. Ich bin so dicht dran, aber ich brauche deine Hilfe. Denk nach, Agnes, denk nach! Das ewige Leben – ein Leben ohne Tod, ohne Misslingen, ohne Krankheit, ohne Ende.



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