Der Verrat by Ellen Sandberg

Der Verrat by Ellen Sandberg

Autor:Ellen Sandberg
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Penguin Verlag


Kapitel 8

Jahresbeginn 1998

Pia reizte der Gedanke, das Verbotene zu tun. Weshalb die Figur nicht ausarbeiten? Solange Thomas das Gemälde nicht weiterverkaufte, riskierte sie nicht allzu viel. Jedenfalls wenn es ihr gelang, ihren Namen herauszuhalten. Denn auf so etwas würde sich kein seriöser Restaurator einlassen.

Sie sah ihre Sammlung von Ausstellungskatalogen auf der Suche nach Gemälden von Catel durch, um einen Eindruck zu bekommen, wie er Personen dargestellt hatte. Wollte sie Thomas’ Wunsch nachkommen, würde das allein allerdings nicht genügen. Dann musste sie Originale studieren.

Seit seinem Besuch war etwas mehr als eine Woche vergangen, als Thomas sich wieder bei ihr meldete. Er hatte beruflich in Frankfurt zu tun und fragte, ob er sein Bild besuchen könne. Wobei klar war, dass seine Aufmerksamkeit weniger dem Bild galt als seiner Restauratorin. Den Firnis hatte sie zwischenzeitlich entfernt. Die Farbgebung und das Licht waren stimmig und in ihrer Klarheit überwältigend, und die Komposition war ohne die Frauenfigur perfekt.

Das sagte sie zu Thomas, als er gegen sechs kam und zwei Tüten im Flur abstellte. Trotzdem könnte man doch überlegen, wer die Frau sei, meinte er. Vielleicht eine Kurtisane auf der Flucht vor einem eifersüchtigen Liebhaber, woraufhin Pia entgegnete, dass die verträumte Körperhaltung nun wirklich nicht auf Flucht schließen lasse.

»Lass uns doch bei einem Picknick darüber spekulieren«, schlug er vor. »Vielleicht interpretierst du den Ausdruck falsch, und sie lehnt nicht verträumt, sondern völlig erschöpft am Baum.« Da war es wieder, dieses freche Lächeln, das ihr so gefiel.

»Bei einem Picknick?« Pia sah zum Fenster, vor dem in der einbrechenden Dunkelheit Schneeregen niederging. »Dafür muss ich mich umziehen. Ich weiß nur nicht, was besser geeignet ist – Taucheranzug oder Skianzug?«

»Sommerkleid?«, schlug Thomas augenzwinkernd vor. »Wir setzen uns an den Fluss«, fuhr er fort und wies auf das Gemälde. »Und lassen die Füße im Wasser baumeln. Ich habe alles mitgebracht. Du müsstest lediglich ein paar Kissen beisteuern und Gläser für den Wein.«

»Ein Indoor-Picknick?« Was für eine verrückte Idee. Pia musste lachen und trug die Kissen des Sofas ins Arbeitszimmer, bei dessen Anblick ihre Mutter beinahe ohnmächtig geworden war. »Grauenhaft. Was haben wir bei deiner Erziehung nur falsch gemacht?«

»Vermutlich alles«, hatte Pia geantwortet, und ihre Mutter hatte das natürlich für einen Scherz gehalten.

Thomas hatte Wein aus eigener Produktion und eine Tüte voller Delikatessen mitgebracht. Käse, Oliven, Baguette, verschiedene Salate. Es wurde ein lustiger Abend. Sie saßen auf dem Boden und betrachteten den vom Rotlicht angestrahlten Catel auf der Staffelei. Während sie der Unbekannten am Fluss allerlei Geschichten andichteten, aßen sie und tranken Wein. Vielleicht ein bisschen zu viel. Denn Pia ließ es geschehen, dass Thomas seinen Arm um sie legte. Zugegeben, sie hatte sich ein bisschen in ihn verguckt. Es fühlte sich gut und richtig an, von ihm gehalten zu werden. Vor allem aber beruhigend, als könnte ihr mit ihm an der Seite nichts Böses widerfahren. Dabei war ihr erster Eindruck das genaue Gegenteil gewesen. Sie hatte eine Gefahr gespürt, die von ihm ausging. Doch nun war diese Ahnung wie weggeblasen.

Eine Weile saßen sie so da, und Pia genoss das Gefühl



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